Dies ist der 2. Teil der Serie „Wie du unglaublich spannende Romane schreibst”.
Zum 1. Teil geht es hier.
Um Spannung aufzubauen, kannst du dich gewisser Techniken bedienen. Hier sind drei weitere:
4. Gut gegen Böse, Hässlich gegen Schön, Dick gegen Dünn, Frau gegen Mann, …
Immer wenn zwei Extreme aufeinanderprallen, wird es spannend. Wenn zwei Menschen völlig unterschiedliche Meinungen vertreten, kann eine hitzige emotionsgeladene Diskussion entstehen.
Du kannst im Prinzip deinen ganzen Roman nach dieser Spannungstechnik aufbauen. Der Kampf des Guten gegen das Böse ist häufig das Thema von Romanen, da braucht man gar nicht lange nach Beispielen suchen: Harry Potter kämpft gegen Voldemort, Frodo gegen Sauron, Eragon gegen Galbatorix, Katniss gegen Präsident Snow, usw.
Aber es muss nicht immer Gut gegen Böse sein – der Antagonist ist ja nicht zwangsläufig immer ein Schurke. Eine spannende Geschichte kann auch entstehen, wenn sich beispielsweise zwei Ehepartner in zwei völlig unterschiedliche Richtungen entwickeln. Er kommt in die Midlifecrisis und fängt an, Yoga- und Selbstfindungskurse zu besuchen, während ihr eine gute Geschäftsidee kommt und sie plötzlich eine knallharte Karrierefrau wird. Oder lass einen Kapitalisten in die WG eines Kommunisten einziehen – Konflikte und damit Spannung ist vorprogrammiert.
Diese Technik kannst du natürlich aber auch für einzelne Elemente deiner Geschichte einsetzen und muss nicht unbedingt das ganze Buch beherrschen.
Aber auch hier gilt: Je extremer die beiden Pole sind, umso besser!
5. Emotionen
Nichts bindet einen Leser so sehr an eine Geschichte wie seine Emotionen. Fessle ihn mit Emotionen! Wenn du es schaffst, dass deine Leser zu Tränen gerührt sind, auf jeder zweiten Seite einen Lachanfall kriegen und vor Aufregung das Buch nicht zur Seite legen können, dann hast du alles richtig gemacht und beherrschst diese Technik offenbar meisterhaft.
Erinnere dich an die Romane oder auch Filme, die dir am meisten im Gedächtnis geblieben sind: Sie alle haben es geschafft, deine Gefühle hochkochen zu lassen. Sowohl über die Hauptfigur (siehe Teil 1, Schaffe Identifikation mit der Protagonistin) und/ oder noch über die Handlung, die starke Emotionen hervorgerufen hat.
Interessant ist, dass vor allem das Leid anderer unglaubliche Gefühle verursachen kann. Bei Diana Gabaldons Highlander-Saga muss Claire vor der Geburt des Kindes in ihre eigene Zeit zurückreisen und sieht ihren geliebten Jamie zwanzig Jahre nicht mehr.
Was für eine Tragik! Was für ein Verlust!
Natürlich wünschen wir uns als Leser sehnlichst, dass es Claire geschafft hätte, irgendwie früher mit dem Kind zurück zu ihrem Geliebten zu reisen. Aber ich denke, genau diese unglaublich lange Zeitspanne lässt es uns so bedauern und mit den beiden so tief mitfühlen. Wäre Claire gleich nach der Geburt zurückgekehrt, wäre es zwar schön für sie gewesen (und für uns Leser auch), aber das Buch mit seiner tragischen Liebesgeschichte würde uns nicht so zu Herzen gehen.
Auch der Tod eines Kindes – ein unglaublicher Verlust – vermag die Emotionen hochzukochen.
Der endgültige Verlust einer Liebe.
Der Verlust der Heimat.
Oder eine wunderbare, romantisierte Kindheit, die unwiederbringlich zu Ende geht.
Oder du lässt deine Heldin, die natürlich von deinen Lesern geliebt werden muss, am Schluss des Buches tragisch sterben – die Anteilnahme deiner Leser ist dir sicher. Manche allerdings könnten auch wütend auf dich werden, wenn du sie sterben lässt, also Vorsicht.
Natürlich gibt es noch andere Emotionen, die die Leser gefangen nehmen. Hass und Zorn beispielsweise bringen den Leser dazu, fanatisch mitzufiebern. Wird es dem Helden gelingen, seinen abgrundtief bösen Gegner zu besiegen und ihm die wohlverdiente Strafe zukommen zu lassen? Je schlimmer du den Antagonisten zeichnest, desto mehr schürst du die Emotionen deines Lesers, der sich nichts mehr wünscht, als dass der Held ihn endlich überwältigt. Die Gerechtigkeit soll schließlich siegen!
Ganz besonders um Emotionen zu schüren, musst du nicht nur ein inhaltlich gutes Konzept haben, sondern auch sprachlich aktiv werden. Sprich also alle Sinne an, nutze außergewöhnliche Vergleiche und bediene dich ganz allgemein einer lebendigen Sprache, die deinen Leser quasi in die Haut deines Protagonisten schlüpfen lässt!
Ein kleiner Tipp, der eigentlich nichts mit Spannung zu tun hat, sondern mit dem genauen Gegenteil davon:
Auch Humor ist eine Emotion, die dem Leser mehr als willkommen ist. Es gibt eine ganze Reihe von Romanen, deren Erfolg auf dem Angriff auf unsere Lachmuskeln basieren. Nichts entspannt besser als Lachen – darum sind humorvolle Romane auch so beliebt. Als Beispiel sei hier Kerstin Giers Roman „Die Mütter-Mafia” genannt, der so erfolgreich war, dass er sogar verfilmt wurde.
6. Gib deinem Helden ein wichtiges Ziel
Die Ziele deines Helden sollten hoch gesteckt sein. Allgemein anerkannt sind drei wichtige Ziele für eine Erfolgsgeschichte: Den Traumpartner/-partnerin erringen, Geld bzw. Reichtum nachjagen oder eine hohe Position erreichen. Diese drei allgemeinen Ziele sind von allen Menschen nachvollziehbar und sichern damit hohe Aufmerksamkeit und Verständnis.
Wenn du deinen Held eines oder mehrere dieser drei Ziele verfolgen lässt, kannst du quasi nichts mehr falsch machen. Dein Leser muss einfach wissen, ob der Protagonist diese Ziele tatsächlich erreichen wird!
Diese Ziele – Liebe, Geld und Position – sind natürlich nur abstrakte Ziele. Es liegt an dir, sie konkreter zu fassen und mit Leben zu füllen.
Geld beispielsweise kann stehen für einen Piratenschatz, das Schloss oder der Gutshof, den jemand erben möchte, oder, um das Ganze mal andersherum aufzuziehen, der Inhalt des Banktresors, den jemand rauben möchte.
Positionen, die man erreichen will, könnten bei Jugendromanen etwa die des Anführers der angesagtesten Clique in der Schule sein.
Liebe, nun, Liebesromane stellen ein eigenes Genre mit unglaublichem Verkaufspotential dar, dazu muss ich bestimmt nicht mehr sagen 😉 Wir alle fiebern mit, ob die Protagonistin es am Ende schafft, den Traumtypen zu erobern. Lege ihr möglichst viele Hindernisse dabei in den Weg!
Übrigens, in Märchen werden meist alle drei Ziele miteinander verbunden: Der arme unbekannte Jüngling besteht eine Probe und erringt bei Erfolg die Prinzessin (Liebe), ist König (Position) und erhält das Königreich (Geld).
Selbstverständlich gibt es auch noch andere Ziele, die sich nicht in die drei Kategorien einordnen lassen. Z.B. der Kampf um die Freiheit, das Erlangen von Weisheit oder das Streben nach Gerechtigkeit. Die Hauptsache ist, dass der Held ein klar umrissenes Ziel hat und hohe Hürden überwinden muss, um es zu erreichen.