Wie hält man Leser bei der Stange? Genau, indem du so spannend schreibst, dass sie kaum Luft bekommen und das Buch nicht aus der Hand legen können.
Spannung erzeugen ist gar nicht so schwer! Es gibt ein paar gute Tricks und Techniken, die man anwenden kann.
Unbedingt erwähnen muss ich hier Ha. A. Mehler, „Wie Schreibe Ich EInen Bestseller“, von dem ich viele der hier vorgestellten Techniken übernommen habe. Das Buch ist zwar schon ein wenig älter (meine Ausgabe ist von 1996, ist aber inzwischen auch im Kindle-Format erhältlich), aber ich fand seine Tipps, wie man Spannung erzeugt, so großartig, dass ich sie hier unbedingt wiedergeben muss, ergänzt mit allerlei weiteren Tricks und Techniken.
Weil das Thema Spannung so umfangreich ist, habe ich eine Serie daraus gemacht. Die einzelnen Techniken sind meiner Meinung nach aber alle gleich wichtig, auch wenn man sie nicht alle gleichzeitig verwenden muss, natürlich 🙂 Daher stellt die Reihenfolge keine Bewertung dar.
Los geht’s also mit Teil 1.
1. Einen Spannungsbogen aufbauen
Eigentlich ein banaler Rat, aber wenn du Spannung aufbauen willst, musst du nicht nur den Anfang, sondern auch den Schluss kennen. In einem richtig spannenden Buch fängst du den Leser mit einem neugierig machenden Einstieg ein und entwickelst dann auf das Ende hin, genauer: auf diesen genialen Höhepunkt hin konstruierst du deine Geschichte.
Dein ganzer Roman sollte also über einen Spannungsbogen verfügen. Am Anfang darf die Spannung noch gering sein, sie sollte aber über den Verlauf hin ansteigend sein und sich am Schluss in den oben erwähnten genialen Höhepunkt schlagartig entladen. Dazu ist es eben notwendig, dass du das Ende schon genau im Kopf hast.
Meist ist das Problem die leidige Mitte des Romans. Einen guten Einstieg finden die meisten, oft auch ein geniales Ende, aber die Spannung auch in der Mitte aufrechtzuerhalten, fällt vielen schwer. Deshalb heißt es auch Spannungsbogen, denn die Spannung sollte gerade in der Mitte nicht durchhängen. HIerzu kannst du aber gut die anderen Techniken anwenden (kommen in den nächsten Wochen).
Dieser Spannungsbogen muss bzw. sollte übrigens nicht permanent steil ansteigen. Besser ist es, du gönnst deinem Leser zwischendurch auch etwas Erholung und wechselst zwischen steigender und fallender Spannung ab. Allerdings darf die Kurve nicht zu weit abfallen, vermeide also langweilige Durchhänger.
Wie erreicht man das?
Durch Tempoerhöhungen wie beispielsweise Actionszenen, Konflikthäufungen, viele aufeinanderfolgende Wendungen steigerst du die Spannung.
Ruhe bringst du rein, indem du innere Dialoge einbaust, die Umgebung beschreibst, den Figuren einfach Zeit gibst und so weiter.
So kannst du zwischen steigender und fallender Spannung wechseln und deinen Leser bei der Stange halten. Denn permanente Action wirkt paradoxerweise irgendwann langweilig. Die dritte Kampfszene hintereinander ist gar nicht mehr spannend. (Siehe auch Teil 5: Action).
2. Versprich dem Leser etwas Spannendes
Lenke die Aufmerksamkeit deines Lesers auf die Zukunft. Lasse durchblicken, dass später noch etwas Außergewöhnliches kommen wird und/ oder du ein spannendes Ende für den Roman entworfen hast.
Das erreichst du zum Beispiel mit Sätzen wie „Tom brach der Schweiß aus, als er an das morgige Vorstellungsgespräch dachte. Würde die attraktive Personalchefin wieder dabeisein?”
Oder denke an Herr der Ringe. Gegen Ende gibt es eine Szene, wo die Protagonisten auf dem Balkon stehen, das Leuchten von Mordor beobachten und wissen, dass sie morgen in eine Schlacht gehen werden, die sie kaum gewinnen können.
Der Leser muss einfach weiterlesen, wenn er wissen möchte, was morgen mit der Personalchefin geschieht oder wie Frodo und seine Freunde die unglückliche Schlacht doch noch für sich entscheiden.
Auch Prologe können die Gedankenmaschinerie deines Lesers anheizen. Ein vielzitiertes Beispiel ist der berühmte Eismonster-Prolog von George R. Martin. Diesen Begriff prägte Dan Wells und meint damit, dass der Roman mit einer spannenden Szene beginnt, nämlich den Weißen Wanderern, die lange Zeit überhaupt nicht in der Handlung vorkommen. Aber der Leser wird so bei der Stange gehalten.
Der entscheidende Punkt ist, dass dem Leser immer kleine Ausblicke in die Zukunft geboten werden, die seine Aufmerksamkeit fesseln. Gib ihm einen Teaser und rege seine Fantasie an.
Natürlich solltest du nicht zu dick auftragen. Zarte Andeutungen reichen schon. Du kannst auf einen Punkt in der Zukunft verweisen oder auf mehrere, dann ist dein Leser noch fester eingebunden.
3. Schaffe Identifikation mit der Protagonistin
Alle Spannungstechniken werden nicht funktionieren, wenn du diesen Punkt nicht berücksichtigst!
Stell dir mal Folgendes vor:
Du liest in der Zeitung, dass es einen schrecklichen Unfall mit einer Schwerverletzten gegeben hat. Schlimm, denkst du und blätterst weiter. Aber du würdest ganz anders reagieren, wenn die Verletzte deine beste Freundin wäre. Du wärst schockiert, würdest vielleicht sofort zum Krankenhaus sprinten oder die Familie anrufen. Genauso ist das auch in Büchern. Wenn du eine Person „kennst”, leidest du deutlich intensiver mit.
Ohne Identifikation mit der Protagonistin lässt den Leser jede Geschichte kalt. Demzufolge ist es auch unmöglich, Spannung aufzubauen! Es interessiert den Leser einfach nicht genug, ob Maja nun ihr Bein verliert oder nicht. Und weil Maja und ihr Schicksal ihn langweilen, legt er das Buch weg.
Wie bekommt man das hin, dass sich die Leser mit der Protagonistin identifizieren? Indem du starke Charaktere entwickelst. Deine Hauptfigur sollte beeindruckende Eigenschaften aufweisen, gerne ein bisschen schillernder als die Realität sein. Aber achte darauf, dass sie auch nachvollziehbare Schwächen hat, um wirklichkeitsnah und sympathisch zu wirken, sonst läufst du Gefahr, eine Mary Sue zu konstruieren.
Zugegeben, es ist eine Kunst, ein Idol, eine von allen geliebte Figur zu entwickeln, die vom Leser wirklich rundherum als sympathisch und bewundernswert wahrgenommen wird.
Ein Schnell-Tipp hierzu:
Schau dich mal in der Realität um. Wo sind die Personen, die du bewunderst? Finde heraus, welche Eigenschaften bei ihnen besonders hervorstechen, die du toll findest, und versuche mal, einen Charakter daraus zu kreieren.
Hier eine kleine Liste von Eigenschaften, die du deiner Protagonistin mitgeben könntest:
- Mut. Wir alle bewundern Mut.
- Anstand und Niveau. Wir alle haben Achtung vor hochanständigen Personen, die sich ethisch korrekt verhalten.
- Schlauheit bzw. eine gewisse Listigkeit, Intelligenz und Klugheit. Wenn eine Protagonistin einen schlauen Plan entwickelt, um sich aus der Klemme zu ziehen, ist nicht nur der raffinierte Plan spannend (wird es klappen?), sondern er verrät auch viel über die Protagonistin, nämlich dass sie intelligent, klug und kühl kalkulierend ist.