Eine Schreibblockade der Hölle – ich habe sie erlebt, und das war nicht angenehm.
Über ein halbes Jahr hielt sie an. Während dieser Zeit habe ich vielleicht 1000 Wörter geschrieben, mich jeden Tag geärgert, mir die Haare gerauft und mich gefragt, was zur Hölle mit mir los ist. Ja, es kam soweit, dass ich die ganze Schreiberei komplett hinwerfen wollte. Nie wieder schreiben, ja genau.
Irgendwann dachte ich: Stopp. So geht es nicht weiter. Jetzt muss ich mal ernsthaft Ursachenforschung betreiben, was hier abgeht.
1. Ansatz, um eine Schreibblockade der Hölle zu lösen: Die Suche nach der Ursache
Folgende Gedankenkette kristallisierte sich heraus:
Ich mag meine Geschichte nicht. Ich möchte mich gar nicht mit ihr beschäftigen, ich kriege regelrechte Abneigungsgefühle, wenn ich mich an den Schreibtisch setze.
Wow, das ist ungewöhnlich. Schließlich habe ich mir die Geschichte doch einmal ausgedacht und darauf gebrannt, sie zu schreiben. Was ist passiert?
- Die Charaktere passen nicht mehr. Sie waren gut für Band 1, aber für Band 2 brauche ich andere Details, andere Entwicklungen. Und das, obwohl ich da schon mal nachgebessert hatte!
- Weiterhin stellte ich fest, dass mein Plot dermaßen kompliziert geworden ist, dass ich selber nicht mehr durchblicke. Alle Puzzleteile fliegen wild durcheinander, viele fehlen, so macht das keinen Spaß mehr.
Diese Erkenntnis war bitter. Denn im Grunde, wenn du Probleme mit dir selbst ausschließen kannst (also Faulheit, Angst vorm Fertigwerden, echte Überforderung im realen Leben (Krankheit, Trauerfall, neuer Job, etc.), unnötiger Perfektionismus), dann kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass mit der Geschichte selbst etwas nicht stimmt. Eigentlich nichts Neues für mich.
Ich war nicht ehrlich mit mir selbst gewesen. Natürlich spielten viele Faktoren bei dieser „Schreibblockade der Hölle“ mit hinein, natürlich hatte ich Stress um mich herum, aber wer hat das nicht? So im Nachhinein hätte ich mir die Schreibblockade wirklich ersparen können, wenn ich mich gleich hingesetzt und das Manuskript von Grund heraus noch einmal analysiert hätte. Stattdessen lief ich wie im Nebel herum und schimpfte auf meine Charaktere und die „doofe“ Geschichte.
Doof ist hier aber nur eine und das bin ich.
2. Von der Erkenntnis ins Handeln kommen
Interessanterweise, als ich das endlich analysiert hatte, schaffte ich es aber trotzdem nicht, mich hinzusetzen und mich mit Plot und Charakteren zu befassen. Die Lust war einfach nicht da.
Es brauchte einen Wanderurlaub, um mir klarzuwerden, dass die Geschichte toll ist und es wert, weitergeschrieben zu werden. Ich setzte mich hin und feilte an den Charakteren und am Plot. Und erst nach dem zweiten Wanderurlaub kurz danach packte mich wieder die unbändige Lust, Wörter zu machen und vorwärtszukommen. Das hält gottseidank bis heute an.
Was mich da anfangs noch zurückgehalten hat, kann ich mir leider nicht erklären. Vielleicht brauchte ich den Reset durch das komplette Abschalten vom Alltag? Ich halte das eigentlich für unwahrscheinlich, denn das war bei mir noch nie der Fall. Aber wer weiß. Ich will das nicht verschweigen, denn normalerweise predige ich immer, wenn du die Ursache für deine Schreibblockade kennst, dann hast du sie quasi schon gelöst … blabla, nun gut, bei mir dauerte es dieses Mal noch ein paar Wochen, aber jetzt kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass sich die „Schreibblockade der Hölle“ verzogen hat. Endlich!!!
Meine Tipps, um eine hartnäckige Schreibblockade aufzulösen
Nehmen wir zunächst an, du hast Probleme mit deiner Geschichte. Wie kannst du da vorwärtskommen?
1. Schau dir deinen Plot an
Sind alle Lücken geschlossen? Vielleicht fehlen dir wichtige Übergänge und das blockiert dich. Ein Stufendiagramm könnte hier Abhilfe schaffen. (Und sei nicht faul. Die Zeit, die du hier investierst, zahlt sich aus. Eine „Schreibblockade der Hölle“ kann unter Umständen viel länger dauern.)
Weißt du das Ende? Das Ende zu wissen, finde ich wichtig, denn so hast du ein Ziel, auf das du hinarbeiten kannst. Falls du das Ende noch nicht weißt, versuche mal, dir eines auszudenken. Das heißt ja nicht, dass du das dann so schreiben musst, aber es kann dir helfen, dich zu fokussieren.
Falls du Bauchschreiber bist, versuche mal, die nächsten Szenen ausführlich zu plotten. Das hilft, um die unmittelbare Blockade loszuwerden. Ich habe schon ein ganzes Buch ohne Plotplan geschrieben, nur mit plotten, schreiben, plotten, schreiben usw. Für mich war das nicht sehr angenehm, denn es hat mich unter permanenten Stress gesetzt. Aber wenn gar nichts mehr geht, ist das besser als nichts.
Überlege mal, ob ein Perspektivwechsel helfen könnte. Bei mir trat die „Schreibblockade der Hölle“ auf, als ich einen zweiten Band hinterherschieben wollte. Ich schrieb den zweiten Band ganz wie gewohnt aus der Sicht meiner Hauptprotagonistin, doch eigentlich hatte diese ihre Entwicklung schon im ersten Band abgeschlossen.
Als mir das klar wurde, hatte ich zwei Möglichkeiten: Ich lasse sie sich ein zweites Mal entwickeln, sodass ihre Perspektive wieder spannend wird, oder ich schreibe den zweiten Band aus der Sicht eines der anderen Hautcharaktere. Letztendlich entschied ich mich dafür, sie eine neue Entwicklung durchlaufen zu lassen UND eine neue Perspektive hinzuzunehmen.
Oder aber du prüfst mal, ob du die Geschichte nicht in der Ich-Form schreiben könntest (oder andersrum). Auch das kann deiner Geschichte neue Impulse geben!
2. Schau dir deine Charaktere an
Ein bisschen habe ich ja schon beim Plot erwähnt: Machen alle Hauptpersonen eine Entwicklung durch? Wenn nicht, denk dir schleunigst was aus.
Sind deine Charaktere einzigartig? Kannst du deine Figuren auf Anhieb mit ein paar Worten charakterisieren?
Vielleicht ist auch eine Nebenfigur völlig unwichtig und du kannst sie streichen. Oder gar eine Hauptfigur. Das, was ihre Aufgabe in der Geschichte war, kann vielleicht genauso gut eine andere Figur übernehmen. Schwupps, ist der Text wieder gestrafft.
Sind die Ziele deiner Hauptpersonen klar definiert? Sind auch die Konflikte auf dem Weg dorthin gewaltig und nicht zu lasch/ an den Haaren herbeigezogen? Vielleicht kannst du es ihnen noch schwerer machen!
Denke dir eventuell Nebenhandlungen aus. Auch das kann dazu beitragen, dass die Geschichte reicher wird und dir wieder Spaß macht.
Und auch wichtig: Ist das Ziel deines Antagonisten klar? Auch da musste ich mich ertappen und nachbessern: Denn in Band 1 war noch klar, der Antagonist will meine Protagonistin umbringen. Aber in Band 2 ändert sich plötzlich seine Absicht, denn er stellt fest, dass er sie braucht, um ein höheres Ziel zu erreichen. Also kann er sie schwerlich umbringen. Nur: Das musste ich auch klar und deutlich dem Leser erklären!
Und was ist, wenn du trotzdem bei Plot und Charakteren nicht weiterkommst?
Statt auf Kreativität zu hoffen, versuche mal, auf Routine und Technik zu setzen: Vielleicht hilft es dir, einfach über die Stelle hinwegzuschreiben, an der du hängst. Mach dir eine Notiz, etwa „hier noch eine Lösung finden, wieso Yasmina mitkommen will“ oder du markierst die Stellen nur, vielleicht mit einem *, dann findest du die Stellen später ganz einfach wieder. Tue einfach so, als wäre das Problem erledigt.
Oder such dir eine andere Stelle in deinem Manuskript, die dich reizt und wo du vorwärtskommst. Das mag für chronologische Schreiber (wie mich) ungewohnt sein, aber wenn es hilft, ist doch prima.
Wenn das nicht funktioniert, finde eine geduldige Person, die sich deine Probleme mit dem Plot und den Figuren anhört. Das geht auch im Internet, zur Not. Und wenn du gar niemanden hast, dann versuch mal Folgendes:
Schriftlich denken: Hier hab ich das ausführlich erklärt, aber im Grunde ist das Geheimnis nur, dass du deine Probleme mit der Geschichte schriftlich ausformulierst und versuchst, schriftlich eine Lösung zu finden. Und schummle nicht. Das Aufschreiben ist wichtig, denn dadurch zwingst du dein Hirn, sich auf das Problem zu konzentrieren und schweifst nicht ab. Es ist ein bisschen wie diskutieren mit sich selbst.
Ich habe dazu inzwischen eine Datei in Scrivener, aber du kannst auch ein Blatt Papier nehmen. Du kannst auch „Clustern“ oder „Brainstormen“, ganz egal, wie du es nennst, Hauptsache, du denkst über dein Problem nach und schreibst es auf. Es ist unwichtig, ob das schön gegliedert ist. Meist habe ich nach diesem schriftlichen Diskurs mit mir selbst die Lösung schon im Kopf und die Datei ist sowieso so wirr geschrieben, dass ich sie mir kaum noch anschaue.
Manch einer schreibt auch Morgenseiten und sinniert über sein Projekt – das habe ich noch nicht ausprobiert. Mir reicht obige Scrivener-Datei und im Grunde ist es ja das Gleiche.
Nehmen wir zum Schluss an, du hast weniger Probleme mit Plot und Charakteren, sondern eher mit dir selbst, wie ich wohl am Ende, als ich die Probleme erkannt hatte, aber keine Lust hatte, mich daran zu setzen (warum auch immer). Was nämlich auch noch helfen kann, um sich zu motivieren, an die Probleme heranzugehen:
- Ein Gespräch mit einer Autorenkollegin. Wenn du siehst, wie sie arbeitet und vorwärtskommt (obwohl sie manchmal auch solche Probleme hat), findet man seine Lust vielleicht wieder. Schließlich ist Schreiben doch dein Hobby, deine Leidenschaft!
- Halte eine Lesung 😉 Wenn Leute dein Buch begeistert feiern, inspiriert das ziemlich.
- Lies dir positive Rezensionen zu deinen Büchern laut vor. Hast du noch keine, könntest du den Anfang deiner Geschichte jemandem zum Lesen geben und dir anhören, was er zu sagen hat.
Ein Tipp zum Schluss
Bei einer „Schreibblockade der Hölle“ ist es wichtig, aktiv zu werden. Man kann leider nicht darauf hoffen, dass die Muse dich küsst und dir den Weg zeigt. Darauf zu warten, kostet dich wertvolle Zeit. Eine Schreibblockade ist so gut wie immer der Hinweis, dass es im Plot oder bei den Charakteren Schwierigkeiten gibt.
Eine Pause zu machen, ist nur nützlich, wenn sich etwas an deiner Motivation ändert, sich an die Probleme heranzuwagen. Denn an den Lücken im Plot wird sich nichts ändern, ohne dass du etwas tust. Stattdessen schaltest du deinen Computer an und gleich wieder frustriert aus, weil du vor demselben Problem stehst wie vorher und du genau weißt, das wird heute wieder nichts.
Die Plotprobleme anzupacken ist harte Arbeit, aber so ist das doch mit allem im Leben. Ausdauer und Hartnäckigkeit sind hier gefragt. Und ich fürchte, ein Patentrezept zum Lösen der Schreibblockade gibt es nicht. Hier muss wohl jeder seinen eigenen Weg finden müssen.
Ich finde meine Geschichte jedenfalls wieder richtig super und suche keine Ausreden mehr, um mich nicht daransetzen zu müssen!
Catrina
Januar 2, 2024 at 4:35pm>> Eine Schreibblockade ist so gut wie immer der Hinweis, dass es im Plot oder bei den Charakteren Schwierigkeiten gibt.
Sic! Leider gibt es immer noch genug, die bei dem Thema beratungsresistent sind und die fehlende Muse vorschieben, weil ihre Geschichte ist ja so perfekt wie die Charaktere auch 🙈