Neulich recherchierte ich ein wenig im Internet und las dann die Klage eines Schriftstellers, dass er seine Texte nicht schnell genug aufschreiben konnte. Ein wenig weitergelesen und das Problem war klar. Der gute Mann konnte nicht mit zehn Fingern tippen.
Wie bitte? Ein professioneller Schriftsteller, der nicht das Zehnfingersystem beherrscht?
Ja, das soll es geben und zwar gar nicht mal so selten. Deswegen hier ein inständiges Plädoyer dafür, sich die Methode anzueignen.
Jetzt bitte nicht meckern. Ja, du hast es wahrscheinlich schon geahnt, dass du es irgendwann lernen solltest. Und vielleicht hast du gehofft, dass du jetzt einen ultimativen Tipp bekommst, wie du ohne Anstrengung zehnmal so schnell schreiben kannst.
So einfach ist es eben leider nie im Leben.
Zehnfingersystem? Wieso sollte ich diese Mühe auf mich nehmen?
Du kannst es auch noch nicht? Dann aber hopp, ran an die Tastatur und lernen.
Warum, fragst du. Ich bin doch mit meinen zwei (drei, sieben) Fingern genauso schnell.
Nur unter zwei Bedingungen lasse ich deine Behauptung gelten:
1. Du schreibst so schnell wie du sprechen kannst.
Laut Wikipedia musst du mindestens 200 bis 400 Anschläge pro Minute hinkriegen, um als geübter Zehnfingerschreiber zu gelten.
Schaffst du das? Dann will ich nichts sagen. Offenbar hast du dir irgendeine Technik selbst beigebracht, mit der du anscheinend genauso effektiv bist. Wunderbar.
Überprüfen kannst du deine Tippgeschwindigkeit z.B. hier: https://www.zehnfinger.com/test.php.
Ich selbst darf mich mit 264 Anschlägen pro Minute zwar als geübte Tipperin bezeichnen. Dass ich nicht besser bin, liegt an den vielen Fehlern, die ich zeitaufwändig wieder korrigieren musste. Außerdem sind in den Übungstext ein paar fiese Sonderzeichen eingebaut. Ich gebe zu, die kann ich auch nicht blind tippen. Also muss ich mich selbst an die Nase fassen, tja, ich habe wohl auch noch etwas Luft nach oben!
2. Du guckst beim Tippen nicht auf die Tastatur.
Viele Menschen, die sich ein eigenes System angeeignet haben, haben aber auch einige Dinge verinnerlicht, die im „korrekten” Zehnfingerschreiben wichtig sind. Diese Leute gucken nämlich wenig bis gar nicht auf die Tastatur, was natürlich viele Vorteile mit sich bringt. Du kannst sehen, wenn du dich vertippst, und du kannst sozusagen blind einen Text abschreiben. Das könnte von Vorteil sein, wenn du z.B. etwas Handschriftliches rasch auf deinen Computer übertragen möchtest.
Wenn du also mindestens 200 Anschläge pro Minute hinkriegst und blind tippen kannst, dann weiß ich auch nicht, ob es sich rentiert, dich auf das Zehnfingersystem umzugewöhnen. Wahrscheinlich nicht.
Für alle anderen aber lohnt es sich in jedem Fall! Du wirst deine Schreibgeschwindigkeit noch einmal dramatisch steigern.
Warum ist das Zehnfingerschreiben so wichtig?
Wenn du wesentlich langsamer tippst als du sprechen bzw. denken kannst, verschenkst du einen riesigen Teil deiner kostbaren Zeit. Die meisten Leute jammern, dass sie keine Zeit finden zum Schreiben. Dann wäre es doch Wahnsinn, auch nur auf eine Sekunde zu verzichten, nur weil du dein volles Potential nicht ausnutzen kann, weil du nicht schnell tippen kannst!
Dein wichtigstes Handwerkszeug als Autor ist die Tastatur. Wie professionell bist du, wenn du dein wichtigstes Werkzeug nicht virtuos beherrschst?
Aber auch privat ist derjenige im Vorteil, der schnell tippen kann. Wer ständig nach der richtigen Taste sucht, verschwendet Zeit, die sich sinnvoller nutzen lässt. Auch Emails oder Briefe sind schneller mit dem richtigen System geschrieben.
Und der einzige Nachteil am Zehnfingersystem ist, dass man ein bisschen Zeit braucht, um es zu erlernen. Das ist auch schon alles. Und diese Zeit holst du nachher in Windeseile wieder herein, versprochen!
Ein immenser Vorteil als Autor
Und wir Autoren haben sowieso einen Vorteil beim Erlernen des Zehnfingersystems. Da wir ständig am Schreiben sind, wird die Technik auch ständig angewendet – und du gerätst nicht in das Verhängnis, das gerade mühsam Erlernte wieder zu vergessen.
Das ist nämlich das Problem vieler Tippkurse, die z.B. in der Schule angeboten werden. Man erlernt mit viel Mühe die Methode, nur um sie gleich darauf wieder zu vergessen – weil man sie nicht anwendet.
Um richtig gut darin zu werden, musst du nämlich nur eins, viel schreiben. Wir Autoren tun das – die Schülerinnen und Schüler tippen vielleicht ein Referat und dann war es das. Sie verlernen es wieder.
Ich selbst habe mir das Zehnfingerschreiben schon als Teenager beigebracht. Irgendwann nervte es mich nämlich, dass ich so Mühe hatte, meine Geschichten aufzuschreiben und dass das alles so langsam ging. Zum Glück hatte ich mir noch keine eigene Methode angeeignet – ich tippte nur wie blöde mit zwei Fingern -, sodass ich mich nicht mühsam umgewöhnen musste. Ich nahm also irgend so einen Tippkurs (damals noch altmodisch auf einem Datenträger – heute geht das online) und übte zwei Wochen lang. Danach konnte ich es – und war überglücklich!
Auch beruflich hat es mir unglaublich viel genutzt, aber das nur nebenbei.
Wie erlerne ich das Zehnfingersystem?
Das ist ganz einfach. Du findest online unzählige kostenfreie Angebote. Dieses hier soll das beste sein, sagt zumindest Stiftung Warentest: www.tipp10.com/de
Und dann übst du. Zwei Wochen, maximal drei – dann war es das.
Das Zehnfingersystem ist eine ganz tolle, einfache Methode, mit der du deine Schreibgeschwindigkeit so drastisch erhöhen kannst, dass du im Prinzip nur noch von deinen langsamen Gedanken gebremst wirst. Diese kurze Zeit der Umgewöhnung lohnt sich wirklich – wie schnell gehen zwei, drei Wochen herum!