10 Tipps für realistische Dialoge

10 Tipps für realistische Dialoge
Ein wichtiger Teil von Romanen sind glaubwürdige Dialoge. Sie geben deinem Roman Pepp und Dynamik und unterstreichen die Eigenschaften von Figuren. Es lohnt sich also, sich mit dem Aufbau und dem Einsatz guter Dialoge zu beschäftigen.

 

Tipps zum Schreiben guter Dialoge

 

1. Achte auf die korrekte Zeichensetzung

Klingt banal, aber trotzdem sieht man es immer wieder, dass da haarsträubende Fehler eingebaut werden. Aber ein ernstzunehmender Autor darf sich hier keine Schlamperei erlauben. Beherrsche dein Handwerkszeug! Sonst landet dein Manuskript schnell auf dem Abgelehnt-Stapel des Verlags. Rechtschreibregeln, darunter auch die korrekte Setzung von Anführungszeichen bei wörtlicher Rede, würde ich immer direkt beim Duden nachschlagen, z.B. hier.

 

Ganz kurz die wichtigsten Regeln:

Wörtliche Rede wird mit Anführungsstrichen gekennzeichnet.
Die wörtliche Rede wird durch ein Komma vom Begleitsatz getrennt.

Beispiel:

„Ich möchte ein Eis”, sagte Lisa.
„Ich möchte”, sagte Lisa und legte ihren Zeigefinger auf den Mund, „jetzt sofort ein Eis.”

Folgt auf die wörtliche Rede ein Begleitsatz, so setze bei der wörtlichen Rede keinen Punkt.

Beispiel:

„Ich will ein Eis”, sagte Otto.

 

Verlangt die wörtliche Rede hingegen ein Ausrufe- oder ein Fragezeichen, so musst du es setzen.

Beispiel:

„Gib mir mein Eis!”, rief Otto.
„Kann ich bitte mein Eis haben?”, fragte Lisa.
Dazu möchte ich dir noch ans Herz legen, dass du bitte jedes Mal, wenn der Sprecher wechselt, einen neuen Absatz anfängst. Sonst endet der Dialog in einem unleserlichen Kuddelmuddel. Es hilft dem Leser ungemein, wenn der Sprecherwechsel nicht nur durch passende Begleitsätze, sondern auch visuell markiert wird.

 

Guck mal, das sieht doch blöd aus, oder?
„Kann ich bitte ein Eis haben?”, fragte Lisa. „Ich will zuerst ein Eis!”, rief Otto. Aber die Mutter schüttelte den Kopf. „Nein, heute gibt es kein Eis.”

 

Korrekt ist es so:
„Kann ich bitte ein Eis haben?”, fragte Lisa.
„Ich will zuerst ein Eis!”, rief Otto.
Aber die Mutter schüttelte den Kopf. „Nein, heute gibt es kein Eis.”

 

2. Achte auf die korrekte Anwendung von Sprecherverben

Sprecherverben werden auch Inquit-Formeln (von lateinisch inquit, „er sagt“ bzw. „er sagte“) genannt.  Sprecherverben sind Verben, die dem Leser verraten, wer gerade spricht, also „sagte”, „fragte”, und so weiter. Man soll es nicht glauben, aber allein zum korrekten Gebrauch dieser Verben könnte man Bücher füllen. Da man auch hier eine Menge falsch machen kann, werde ich dem Thema noch einen eigenen Blogartikel widmen.

 

3.  Lockere den Dialog durch begleitende Handlung auf

Wenn Figuren außer reden nichts tun, spricht man im Englischen auch vom Talking-Head-Syndrom. Witziger Begriff – er bedeutet nichts anderes, als dass der Leser statt einer anschaulichen Szene einfach nur zwei sprechende Köpfe in einem ansonsten leeren Raum wahrnimmt. Der Dialog wird also nicht durch begleitende Handlungen aufgelockert.
Wenn Menschen miteinander reden, stehen sie in der Regel nicht stocksteif da. Sie runzeln die Stirn, stampfen mit dem Fuß auf, lächeln und so weiter. Wenn du solche Handlungen in deinen Dialog einflichst, werden solche ansonsten langweilig anmutenden Dialoge, die einfach wie Pingpongbälle hin- und hergehen, etwas aufgelockert.
Vermeide also Dialoge, in denen ausschließlich gesprochen wird, sondern erzähle gleichzeitig deinen Lesern, was die Figuren währenddessen tun.
Beispiel:

Aber die Mutter schüttelte den Kopf. „Nein, heute gibt es kein Eis.”

 

4. Unterbrich den Dialog nicht durch seitenlange Beschreibungen

Natürlich solltest du mit den begleitenden Handlungen nicht übertreiben. Wenn ein Dialog nicht fließt, sondern immer wieder durch lange Schilderungen unterbrochen wird, hat der Leser womöglich inzwischen vergessen, um was es vorhin noch ging. Es nervt, wenn man beim Lesen zurückblättern muss, um zu verstehen, was die Antwort des einen Sprechers bedeuten soll, weil man die Frage des anderen bereits vergessen hat. Hier solltest du auf jeden Fall versuchen, die Balance zwischen begleitender Handlung und dem ungestörten Fließen des Dialogs zu finden.

 

5. Vermeide lange Monologe

Im wirklichen Leben kommt es selten vor, dass einer im Gespräch stundenlang redet. Ja, ich weiß, es gibt solche Menschen, aber Hand aufs Herz, meistens langweilen solche Monologe doch, oder? Deshalb bitte auch nicht im Roman.
Normalerweise unterbrechen wir uns, werfen Fragen ein oder kommentieren. So solltest du auch deine Dialoge gestalten.
Manchmal kommt es vor, dass ein Charakter tatsächlich etwas länger ausholen muss, um einen Sachverhalt darzulegen. Solche längeren Redeabschnitte kannst du lockerer gestalten, indem du wie oben schon erwähnt Mimik und Gestik einfügst oder auf die Umgebung eingehst (z.B.: Sie hob die Hand, um ihre Augen vor der gleißenden Sonne zu schützen, ehe sie fortfuhr …). Und lass die anderen Figuren zwischendurch ruhig auch einmal zu Wort kommen.
Und übrigens: Ich kenne sehr wenig Menschen, die einen komplizierten Sachtext auswendig in einem Stück wiedergeben können.
Ausnahme:
Als Ausnahme lasse ich nur gelten, wenn eine Figur eine Geschichte erzählt. Okay, auch die Großmutter wird manchmal von den Enkelkindern unterbrochen, aber erzählt sie die (relevante) Geschichte in einem Roman, so ist es hier besser, sie in einem Stück wiederzugeben und den Erzählfluss hier nicht zu unterbrechen. Quasi eine Geschichte in der Geschichte. Dann ist das in Ordnung.

 

6. Vermeide allzu formelle Sprechweise

Normalerweise sprechen wir Menschen recht ungezwungen. Wir unterbrechen unsere Sätze, fügen tausende „Ähs” ein, fangen Sätze an und beenden sie nicht. Wir schweifen vom Thema ab. Wir reden aneinander vorbei, fallen uns ins Wort und manchmal sagen wir vier-, fünfmal das Gleiche, um sicherzugehen, dass uns unser Gegenüber wirklich verstanden hat. Außerdem reden die meisten mehr oder weniger breiten Dialekt.
Natürlich sollten deine Romanfiguren NICHT so reden, wie wir es im wahren Leben tun. Sonst wäre der Roman schwer lesbar.
Aber das Gegenteil, wenn sie immer in korrekten, hochgestochenen Sätzen mit ausgeklügelter Wortwahl reden würden, wäre ein Dialog extrem unnatürlich und würde im Ohr des Lesers unrealistisch klingen.
Eine Mischung aus beiden Extremen ist in gut geschriebenen Dialogen das A und O. Denn Dialoge haben, wie andere Abschnitte auch, die Funktion, die Geschichte voranzutreiben. Allzu viele Füllwörter und Nichtigkeiten tragen kaum etwas zur Handlung bei, lenken den Leser ab und sollten daher gestrichen werden.
Also, wenn du einen natürlich klingenden Dialog schreiben willst, dürfen die Figuren ruhig schon mal Umgangssprache verwenden oder auch stockend, grammatisch unkorrekt oder in unvollständigen Sätzen reden. Beim Dialekt scheiden sich die Geister, manche Leser nervt es tierisch, manche finden sich wieder und andere verstehen nur Bahnhof. Letzteres muss natürlich unbedingt vermieden werden: Wenn schon Dialekt, dann bitte so, dass auch Menschen aus anderen Regionen etwas verstehen können. Hier gilt wie immer, die richtige Balance muss gefunden werden.
Würze deine Dialoge mit realistisch klingenden Ausschmückungen sparsam. Richtig dosiert erreichst du Natürlichkeit und der Leser freut sich über authentisch klingende Figuren, die ihre Eigenschaften auch im Dialog unterstreichen und herausbilden.
Tipp:
Wenn zwei Menschen miteinander sprechen, ist es oft so, dass nicht immer unbedingt direkt auf die Frage geantwortet wird. Es ist in jeder Aussage auch Subtext enthalten, auf den wir reagieren. Manchmal provoziert das Antworten, die scheinbar gar nichts mit der Frage zu tun haben. Oder es wird mit einer Gegenfrage reagiert. Das kann sich dann so anhören:

 

„Tante Anna hat morgen Geburtstag.”
„Oh, hoffentlich wird das Wetter schön.”

 

„Weißt du schon, dass Tante Anna morgen Geburtstag hat?”
„Hast du morgen das Auto, oder ist Klaus damit unterwegs?”

 

Ich hoffe, es ist klar, was hier mit Subtext gemeint ist. Im ersten Fall erklärt Person 1, dass Anna Geburtstag hat. Die 2. Person ist gedanklich schon einen Schritt weiter und macht sich Sorgen, ob sie morgen auf Annas Party nass wird. Im zweiten Beispiel antwortet Person 2 überhaupt nicht direkt auf die Frage, sondern hat die Aussage sofort verinnerlicht und fragt Person 1 gleich indirekt, ob sie morgen zu Anna fahren und sie mitnehmen kann. Und das mit wenigen sparsamen Worten. Hört sich aus dem Kontext gerissen befremdlich an, aber beobachte mal – so reden wir oft.

 

7. Vermeide Small Talk  und Unnötiges

Lass  deine Figuren nicht übers Wetter reden. Vermeide unnötige Höflichkeitsfloskeln.
Beispiel:

 

„Hallo, Paul!”
„Oh, Tina. Schönes Wetter heute, nicht wahr? Wie geht es dir?”
„Ach, das ist eine lange Geschichte. Hast du Lust, mit mir ein Eis essen zu gehen? Ich kann dir sagen, ich hab viel zu erzählen.”
„Gerne. Wo sollen wir hingehen?”
„Torsten hat doch mal so ein schönes Eiscafé in Neustadt erwähnt. Was hältst du davon?”

 

Und so weiter, und so weiter. Gähnend langweilig. Schreib doch stattdessen: Tina erzählte Paul beim Eisessen, was ihr zugestoßen war.
Steige in die Unterhaltung erst ein, wenn es relevant wird. Also wenn Tina endlich erzählt, was passiert ist. Voraussetzung ist natürlich, dass der Leser das noch nicht weiß.
Dialoge sollten also immer einen Zweck verfolgen. Nichtssagende Unterhaltungen wie zwischen Tina und Paul sind völlig unnötig! Verschwende also nicht die Zeit des Lesers mit unnötigem Füllmaterial.
Entweder dienen Dialoge also dazu, die Handlung voranzutreiben. Es werden Dinge gesagt, die der Leser erfahren muss.
Wichtig:
Lass die Gesprächspartner nicht über Dinge reden, die sie oder der Leser bereits wissen!
Ein Geheimnis wird enthüllt, Informationen kommen ans Licht, die die Protagonistin sofort aufspringen und handeln lassen. Oder eine neue Person wird eingeführt, oder zwei Menschen geraten in einen Streit, der neue Probleme aufwirft … Überlege dir, ob die Handlung sich  aufgrund dieses Dialogs im weiteren Verlauf verändert. Sollte sie gleich bleiben, erfüllt der Dialog seinen Zweck nicht und ist irrelevant. Ein Dialog hat nur dann einen Daseinsgrund, wenn er die Handlung vorantreibt!
Oder aber der Dialog verrät uns Entscheidendes über die Figur. Zwei Charaktere sind auf der Buchmesse in Frankfurt, es ist vollgedrängelt, aber jede nimmt die Situation anders wahr:
A: „Meine Güte, ist das heiß und stickig hier drinnen! Und die vielen Leute erdrücken einen fast. Ich wünschte, ich könnte hier raus!”
B: „Was für eine Atmosphäre! Guck dir mal die vielen Leute an, die wollen alle zu Autor XY! Und da hinten, dort haben die Selfpublisher ihren Stand! Mensch, bin ich aufgeregt! Lass uns da mal hingehen!”

 

Wie würdest du A einschätzen und wie B? Ich denke, durch diesen klitzekleinen Dialog haben wir schon viel über A und B erfahren. Natürlich lässt sich nicht komplett auf den Charakter schließen, aber zumindest doch auf die momentane emotionale Befindlichkeit und wie die Personen damit umgehen.

 

8. Vermeide austauschbare Sprechweisen

Lass stattdessen jeden Charakter individuell klingen. Da Dialoge  (vermeintlich) unverfälscht wiedergegeben werden, kannst du sie wunderbar benutzen, um die Eigenheiten jeder Figur herauszustellen.
Bei der Überarbeitung meiner Romane habe ich manchmal gedacht, nein, so etwas würde Laurin niemals sagen. Stattdessen würde er sagen …. Wenn deine Charaktere anfangen zu „leben” und individuell zu sein, spiegelt sich das auch in ihrer Sprechweise wieder. Ein Jugendlicher redet anders wie eine 90jährige, ein König anders als ein Obdachloser, eine Computerspezialistin  benutzt anderes Vokabular als ein Fliesenleger. Diese Dinge musst du berücksichtigen. Idealerweise merkt der Leser sogar ohne Redebegleitsätze, wer da nun spricht. Du kannst jeder Figur oder zumindest jeder wichtigen Figur eine besondere Sprechweise in den Mund legen, Lieblingswörter (Hach, ich liebe Karla Kolumna mit ihrem „Tschüsselchen” und „Hallöchen”) oder ein Lispeln, oder (leichten) Dialekt oder hochgestochene Sprache – es gibt so viel Möglichkeiten, man muss nur immer daran denken 🙂
Für Fortgeschrittene:
Beobachte einmal, dass sich die Sprechweise einer Person ändert, je nachdem, wen sie vor sich hat. Vielleicht stottert Marlon nur, wenn er vor seinem strengen Lehrer steht. Vielleicht schreit Olivia ihre Brüder ständig an, ist aber bei Fremden still und schüchtern.

 

9. Stolperfalle: Info-Dump

Natürlich willst du die Handlung durch den Dialog vorantreiben und lässt die Figuren wichtige Informationen gegenseitig austauschen. So weit in Ordnung. Es ist ein Prinzip des show, don’t tell, Informationen besser in Dialoge zu verpacken als sie dem Leser einfach so hinzuklatschen.
Vermeide es nur, die Figuren allzu künstlich sich gegenseitig Sachverhalte erzählen zu lassen.
Beispiel:
Roland weiß, dass Leon morgen zu Susanne gehen soll, um ein wichtiges Paket abzuholen. Der Leser weiß es aber (noch) nicht.
Roland: „Leon – wie du weißt, sollst du morgen bei Susanne das Paket abholen. Hast du dir die Fahrkarte schon gekauft?”
Wenn Roland und Leon beide wissen, dass Leon morgen zu Susanne fährt, würde Roland das nicht extra erwähnen. Das meine ich mit künstlicher Erzählung.

 

10. Vermeide ständiges Nennen der Namen

Beobachte mal in einem Gespräch, wie oft wir den Namen unseres Gegenüber aussprechen. Nicht sehr oft, meine ich. Dennoch findet man in vielen Romandialogen sehr häufig den Namen. Das hat natürlich seinen Grund, dem Leser soll klargemacht werden, wer angesprochen wird – wir sehen die Sprechenden ja nicht wie im wirklichen Leben, wo Blickkontakt herrscht und man sieht, wer wem den Kopf zugewandt hat. Aber trotzdem: Verwende den Namen des Gesprächspartners lieber sparsam.

 

Gute Dialoge zu schreiben, ist gar nicht mal so schwer. Wenn du diese zehn Punkte beachtest, sollten deine Dialoge schon ziemlich lebensecht klingen.

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