Hilfe, ich habe keine Selbstdisziplin! Ich schaffe es nicht, mich jeden Tag hinzusetzen und zu schreiben!
Dieses Problem kennt sicherlich jeder Schriftsteller, ob Anfänger oder alter Hase. Aber sich eine gute Schreibroutine aufzubauen, ist eigentlich kein Hexenwerk.
Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen, sollten wir jeodch eines klären.
Nämlich die Art deiner Motivation. Warum willst du überhaupt schreiben?
Kurzer Exkurs:
Intrinsische Motivation
Meint die innere, aus sich selbst entstehende Motivation eines jeden Menschen: du schreibst also, weil es dir Spaß macht, du einen Sinn dahinter erkennst, du es als herausfordernd empfindest oder weil es dich schlicht interessiert (z.B. das Thema eines Sachbuches).
Extrinsische Motivation
Wenn du aufgrund von äußeren Umständen etwas tun möchtest oder musst. Also wenn du ein Buch schreiben willst, weil ein Freund das auch tut. Oder um Geld und Ruhm zu ernten. Dann bist du extrinsisch motiviert und wirst entsprechend Schwierigkeiten haben, dieses Ziel umzusetzen, denn dafür gibt es sicher bessere Möglichkeiten.
Brennst du für deine Geschichten?
Die intrinsische Motivation ist natürlich viel stärker als die extrinsische Motivation. Wenn du für deine Geschichten brennst, sie der Welt erzählen möchtest, weil es so tolle Geschichten sind, dann bist du intrinsisch motiviert und wirst nicht aufgeben, bis du dein Ziel erreicht hast.
Solltest du dich allerdings der zweiten Gruppe zugehörig fühlen, also den Verdacht haben, extrinsisch motiviert zu sein (sei ehrlich!), dann wirst du vermutlich immer wieder unter einer schrecklichen Schreibunlust leiden. Frage dich bitte ganz neutral, ob das Schreiben überhaupt etwas für dich ist. Denn wenn man sich ständig zu etwas zwingen muss, was einem eigentlich gar nicht so sehr am Herzen liegt – nun, warum solltest du dich zu etwas zwingen, was dir so schwerfällt?
Was du allerdings tun kannst, wenn du dir ganz sicher bist, dass du eigentlich schreiben willst:
Kitzle deine (intrinsische) Motivation. Locke sie hervor, baue sie auf, pflege sie wie eine empfindliche Orchidee!
Wie motiviere ich mich, regelmäßig an meinem Text zu schreiben?
1. Nimm am NaNo teil.
Dies ist so eine tolle Möglichkeit, sich selbst zu beweisen, dass man es schaffen kann. Ich kann es gar nicht oft genug sagen. Wenn allerdings gerade Frühling ist wie jetzt, macht das gar nichts. Du kannst schon jetzt planen, was du im November schreiben willst. Ich halte nämlich nichts davon, unvorbereitet in den NaNo zu starten. Da kommen zwar viele Wörter heraus, aber ob du etwas mit ihnen anfangen kannst, ist später die Frage.
Schlage zwei Fliegen mit einer Klappe und plotte im Voraus. So verhinderst du sogenannte „Schreibblockaden”, weil du genau weißt, wie es weitergehen wird. Das nimmt dir enorm Stress heraus! Es gibt nichts Schlimmeres, als zu wissen, heute muss ich noch 1667 Wörter schreiben, aber über was???
2. Sprich mit anderen über deine Geschichte.
Nichts motiviert so, wie mit anderen Schreibbegeisterten bzw. Lesebegeisterten über deinen Text zu grübeln. Andere Sichtweisen können ungemein bereichern und dich auf Ideen bringen, auf die du nie zuvor gekommen wärst. Mich begeistert das immer wieder so, dass ich dann sofort zum Computer stürzen möchte.
Vielleicht findest du einen Schreibbuddy (das ist eine Person, die dich bei deiner Geschichte und die du im Gegenzug bei ihrer unterstützt), schau dich mal in entsprechenden Foren oder Schreibgruppen um. Wenn du das Glück hast, im realen Leben jemanden zu haben, der ebenso schreibbegeistert ist wie du, dann kann man dir gratulieren.
Ich selbst hatte mal eine Zeitlang eine Person, mit der ich mich per Email ausgetauscht hatte. Aber wenn du diejenige nicht kennst, dauert es längere Zeit, bis Vertrauen aufgebaut ist und oft stellt man doch fest, dass es nicht richtig passt. Momentan habe ich niemanden, bzw. brainstorme ich ab und zu mit meinen Kindern und meinen Testlesern über den zweiten Band meiner Drachengeschichte, das macht sehr viel Spaß und bringt die witzigsten Ideen hervor!
3. Bastel dir ein Visionboard.
Visualisierungen sind ungeheuer kraftvoll! Es ist ganz egal, was du auf so ein Board draufpinnst, es muss dich nur motivieren. Wenn du keine Pinn- oder Magnetwand zur Hand hast, genügt eigentlich auch ein großes Stück Pappe. Vielleicht hast du schon dein Lieblingscover gefunden, mit deinem Titel und deinem Namen?
Ich halte es mal wieder so einfach wie möglich und pinne nur Fotos meiner Hauptfiguren sowie meine Lieblingsschauplätze auf eine kleine Korkpinnwand. Ganz simpel, aber enorm wirkungsvoll! Wenn ich an meinem Schreibtisch vorbeigehe, kriege ich sofort Lust, weiter an meiner Geschichte zu arbeiten.
Probiere es bitte aus, es ist wirklich hilfreich. Manche Leute stecken enorme kreative Energie da hinein.
4. Stecke dir kleine, machbare Ziele.
Machbar sind die 1667 Wörter des NaNos schon. Aber seien wir ehrlich, wenn du nebenher noch zur Schule oder Uni gehst oder arbeitest, vielleicht Kinder hast oder sonstige Verpflichtungen, ist es ganz schön schwierig, dieses Wortziel über längere Zeit durchzuhalten. Finde ein Wortziel, das für dich realistisch ist.
Einige können hier statt mit Wortzielen mit Zeitzielen arbeiten. Also beispielsweise sich vornehmen, jeden Abend eine halbe Stunde an der Geschichte weiterzuarbeiten. Bei mir ist da leider die Gefahr groß, dass ich die halbe Stunde mit Nachdenken verbringe und kaum etwas aufs Papier bringe. Obwohl das natürlich auch wichtig ist, habe ich hinterher nicht das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Probiere es aus, vielleicht liegt es dir ja.
Wenn du magst, dann schließe doch einen kleinen Vertrag mit dir selbst ab.
Ich, *Name*, verpflichte mich, jeden Tag mindestens 500 Wörter zu schreiben. Der einzige freie Tag ist der Sonntag. Sollte ich aus irgendeinem Grund an einem Tag nicht dazu kommen, werde ich die Wortzahl am nächsten Tag nachholen. Schreibe ich freiwillig mehr als 500 Wörter, dürfen sie am nächsten Tag angerechnet werden. In diesem Tempo werde ich mein Buch in spätestens 33 Wochen bzw. ca. 8 Monaten (ausgehend von einer geschätzten Buchlänge von etwa 100000 Wörtern) fertig haben.
Datum, Unterschrift
Hey, wenn das nicht motivierend klingt, weiß ich auch nicht! Hänge dir den Vertrag gut sichtbar an den Kühlschrank oder an deinen Computer und markiere dir das geschätzte Datum im Kalender!
Natürlich kannst du alle Bedingungen im Vertrag beliebig ändern. Ich z.B. erlaube mir keinen freien Tag 🙂 Stattdessen arbeite ich lieber vor.
Wichtig: Bleibe mit deinen Vertragsbedingungen unbedingt realistisch. Nichts ist schlimmer, als wenn du hinterherhinkst und immer schlechtere Laune kriegst und am Ende alles frustriert hinwirfst. Stecke dir kleine Ziele. Wenn du das einmal geschafft hast, kannst du beim nächsten Buchprojekt das Tempo immer noch erhöhen! Und wie schnell gehen 8 Monate vorüber!
5. Erstelle dir eine Tabelle.
Manche Leute motivieren sich ungeheuer dadurch, dass sie ihren Schreibfortschritt in einer Statistik festhalten. Mir ist das ehrlich gesagt zu viel Aufwand. Diese Zeit, um eine Excell-Tabelle zu basteln, nutze ich lieber zum Schreiben an sich.
Aber ich muss zugeben, es spornt einen schon an: Wenn du dich beim NaNo eingetragen hast, wird für dich automatisch eine Statistik angezeigt. Du musst nur deinen Wortfortschritt eintragen. Es ist toll zu sehen, wie der Balken wächst und auf welcher Rangfolge man steht!
6. Führe ein Schreibtagebuch.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ich führe kein Schreibtagebuch. Wenn ich sehr viel Zeit hätte, würde ich das gerne tun, denn ich glaube schon, dass es extrem hilfreich ist. Vielleicht starte ich irgendwann einen Versuch?
Da ich also kein Experte bin, möchte ich dir diesen link empfehlen, falls du dich dafür interessierst. Dort sind auch hilfreiche Apps erwähnt (in den Kommentaren).
7. Reserviere dir eine Schreibzeit.
Das kann der Abend ab ca. 20 Uhr sein, wie bei mir oder du stehst eine halbe Stunde früher auf (brr). Egal wann du es in deinen Tagesablauf integrierst, deine Schreibzeit sollte dir heilig sein und nur in Ausnahmefällen entfallen.
Es braucht seine Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat, nicht mehr abends auf dem Sofa (oder morgens im Bett, brr) zu liegen, aber wenn man es geschafft hat, wird es für dich ganz normal sein, dich zu deiner Schreibzeit an den Computer zu setzen. Es wird dich nicht mehr viel Überwindung kosten, das ist das Schöne an Gewohnheiten!
Und wenn du erst einmal sitzt und schreibst, ist der schlimmste Schritt geschafft. Die Motivation kommt beim Schreiben auf, nur das Hinsetzen kostet Überwindung und das umgehst du mit einer festen Gewohnheit ganz gut.
8. Arbeite mit einem Belohnungssystem
Gönne dir beispielsweise, wenn du dein tägliches Wortziel geschafft hast, eine wunderbare, dampfende, duftende Tasse Tee und noch eine halbe Stunde Lese-/Fernsehzeit. Klingt das nicht verlockend? Von Süßigkeiten rate ich ab, denn wenn du die täglich als Belohnung einsetzt, leidet deine Gesundheit 😉 Oder du gehst noch eine halbe Stunde mit dem Hund. Oder… dir fallen bestimmt noch hunderte Sachen ein.
Bei mir ist es tatsächlich die halbe Stunde Lesen, die ich mir erst erlaube, wenn ich mit den täglichen Wörtern fertig bin. Aber oftmals bin ich so drin im Schreiben, dass es zu spät wird. Das macht mir dann aber auch nichts aus, denn das gute Gefühl, mehr als nötig getan zu haben, ist auch eine wunderbare Belohnung!
Ganz wichtig: Das Schreiben sollte dir Freude bereiten
Erfolgreich bzw. kontinuierlich an deiner Geschichte zu arbeiten, ist eine Mischung von Motivation und Disziplin. Etwas Disziplin ist zugegebenermaßen vonnöten, denn wer liegt nicht gern faul auf dem Sofa? Doch wenn man weiß, wie man seine Motivation hervorkitzelt und steigert, braucht man nur ein Minimum an Selbstdisziplin. Und letztlich macht uns Schriftstellern das Schreiben doch Freude, nicht wahr?