Es ist sehr interessant, wie wichtig Namen sind. Schon bei normalen Namen für Romanfiguren gerät man ins Grübeln, aber bei Fantasy-Namen erst recht. Hier kann man nicht auf gewöhnliche Namen zurückgreifen, sondern muss welche finden, die gleichzeitig exotisch klingen, aber auch passend, aussprechbar sind und und und.
Sitze ich am Entwurf einer Fantasy-Welt, bin ich plötzlich blockiert, weil ich unbedingt wissen muss, wie jetzt das Land heißt, oder die Person, oder die Haustierrasse oder das Volk.
Bei meiner Drachenwelt bin ich dann leider bei Provisorien hängengeblieben – ich meine, welche Welt heißt schon Drachenland 🙂
Namensfindung kostet enorm Zeit
Auch bei anderen Namen bin ich beim Erstbesten geblieben, was mir auf Anhieb eingefallen ist. Warum? Weil ich keine Zeit mit der Namensfindung verlieren wollte. Da kann man sich nämlich unglaublich dran aufhängen. Das artet richtig in Prokrastination aus.
Nur leider war dieses Vorgehen im Nachhinein für mich nicht zufriedenstellend. Da merkt man deutlich, dass ich anfangs keine Veröffentlichung angestrebt habe – aber das ist eine andere Geschichte.
Fantasy-Namen erschaffen
Daraufhin habe ich mich damit beschäftigt, wie man am besten Fantasy-Namen kreiert. Schließlich soll die Welt in sich stimmig sein und dazu gehören auch passende Namen. Herausgekommen sind ein paar Tipps, wie man einfach und möglich rasch Fantasy-Namen findet, die ich hier mit dir teile.
Was ist beim Erschaffen von Fantasy-Namen unbedingt zu beachten?
1. Der Klang muss stimmen
Da die Lesenden oftmals aus dem Bauch heraus entscheiden, ob der Name zu einem Bösewicht oder einem Guten passt, kann der Name schon allein durch seinen Klang viel verraten.
Daher sind wir Autoren gut beraten, wenn wir darauf Rücksicht nehmen. Also gib deinen bösen Eistrollen lieber Namen mit „harten“ Buchstaben wie k, p, t und kombiniere diese Konsonanten mit dunklen Vokalen wie u und o. Zwei meiner Eistrolle heißen beispielsweise Perg und Prod. Ich hätte das g und das d am Ende natürlich noch härter machen können, dann hießen sie Perk und Prot, aber na schön, wir wollen es nicht übertreiben.
Die Guten sollten dann eher fröhliche Vokale im Namen haben, wie a, e und i, sowie Konsonanten, die nicht hart klingen wie zum Beispiel l und m. Meine Heldin aus den Südlanden heißt Farani, ein fröhlicher Name, wie ich finde.
2. Fantasy-Namen müssen zueinander passen
Leute innerhalb einer Gruppe (Familie, Stamm, im weitesten Sinne Volk) sollten ähnlich aufgebaute Namen haben. Auch bei uns in der realen Welt erkennen wir meist sofort, dass Luis vermutlich ein spanischer Name ist und Jeanette ein französischer. So ähnlich sollten wir es in der Fantasy-Welt auch halten, allerdings muss auch hier nicht übertrieben werden.
Aber Achtung: Sie sollten zwar ähnlich aufgebaut sein, aber nicht ähnlich klingen. Dann ist nämlich die Verwirrung der Leser vorprogrammiert.
Dies gilt übrigens auch für Namen für Berge, Regionen, Flüsse und Städte. Sie sollten stimmig sein und zu ihren Bewohnern passen. Einen „Col d’Epi“ wirst du sicher nicht in Dänemark finden, und einen „Hundskogel“ vermutlich eher in Österreich als in Spanien.
3. Erfinde keine unaussprechlichen Fantasy-Namen
Nein, auch Fantasy-Leser möchten sich nicht die Augen verbiegen. Wie um alles in der Welt wird „Ugunthewiscxieux“ ausgesprochen? Viel zu lang ist er außerdem, sodass man – falls man sich für eine Aussprachemöglichkeit entschieden hat – ihn sich leider kaum merken kann.
Manches Mal wirkt ein davorgestellter Buchstabe wie zum Beispiel „O´Daghirithe” sogar ein bisschen lächerlich. Oder irgendwelche Sonderbuchstaben wie , ý, ǫ und dergleichen. Soll das ein krampfhafter Versuch sein, exotisch und geheimnisvoll zu wirken? Manchmal passt es, das stimmt, aber oft wirkt es künstlich. Und wie zur Hölle wird ¥ ausgesprochen? Weniger Exotik ist manchmal mehr.
Es ist auch zu empfehlen, die Namen, die in Frage kommen, laut auszusprechen. Ist die Betonung eindeutig? Kann man ihn sich einigermaßen gut merken? Das ist natürlich individuell bei den Lesern, aber verflixt, hieß der Typ jetzt Ramasun oder Ramusan? Besser wäre in diesem Fall Ramasan, dann kann man gar nicht durcheinanderkommen.
4. Die Bedeutung des Namens beachten
Häh, wie jetzt, Fantasy-Namen sind doch erfunden? Ja, die meisten schon. Aber ich gebe dir mal ein Beispiel, um dir zu zeigen, was ich meine.
Ich brauchte einen Namen für eine rinderartige umherziehende Steppenspezies. Das erste Wort, das mir einfiel: Die Morons. Hört sich für den Unbedarften ziemlich gut an. Meine Testleserin hat sich allerdings totgelacht. Denn „moron“ heißt im Englischen „Trottel“ bzw. „Schwachkopf“. Uuuups!
Also ist es kein Fehler, seine selbst ausgedachten Fantasy-Namen mal einer Google-Suche zu unterziehen. Meine oben erwähnte Hauptperson Farani ist zum Beispiel eine berühmte Zuchtstute und außerdem ein Ort in Guinea. Und selbst als Vor- und Nachname ist Farani nicht unbekannt. Das hätte ich nie gedacht, als ich den Namen „erfand“. Meiner Meinung nach war er völlig einzigartig …
Allerdings kann ich trotzdem ganz gut mit „Farani“ leben. Der Name ist nicht irgendwie belastet durch Personen, die vielleicht Schwerverbrecher sind oder durch andere unangenehme Sachen. Und er ist nicht so häufig, dass er ungewollte Assoziationen weckt.
Manchmal lehnt man sich beim Erfinden von Fantasy-Namen an geläufige Sprachen wie Englisch oder Latein an. Oder man benutzt andere Assoziationsketten. Da muss man allerdings abwägen, wie „verräterisch“ der Name sein soll. Ich habe dazu schon in meinem anderen Namen-Artikel den Herrn Lefuet aus Timm Thaler erwähnt, dessen Name cleveren Lesern, die ihn rückwärts lesen, ziemlich viel verrät. Du solltest dir gut überlegen, ob du gleich beim ersten Auftritt einer Figur so eindeutige Hinweise geben möchtest. Einen „Draco Malfoy“ könnte ich mir jetzt auch nicht so recht auf der Seite der Guten vorstellen, aber offenbar wollte J. K. Rowling das so.
Wie erfindet man nun Fantasy-Namen?
1. Eine Sprache als Inspiration nehmen
Eine weitere Möglichkeit ist es, sich Gedanken über die Umgebung zu machen, in der das Volk, die Person, das Tier etc. lebt, für das man einen Namen braucht.
In nördlichen Gegenden mit Nadelwäldern, Gebirgen und Tundragebieten passen oft Namen, die an skandinavische Sprachen angelehnt sind. In Wüstengegenden eher arabisch klingende und in weiten Steppengebieten vielleicht russisch angehauchte.
Folglich könntest du ein Wörterbuch nehmen (entweder nutzt du google Übersetzer oder leihst dir aus der Bibliothek interessante Wörterbücher aus) und mal nachschauen, was bestimmte Wörter heißen. Vielleicht möchtest du einen Landstrich den „Heiligen Wald“ nennen. Auf Gälisch z.B. hieße das „coille naomh“. Hört sich gar nicht schlecht an. Allerdings würde ich es noch etwas verändern, z.B. könnte man die beiden Wörter umstellen und Nam Caile daraus machen. Hm, ich weiß nicht, ob mir das gefällt. Aber das Prinzip dürfte klar sein. Das Gälische böte sich vielleicht für Namen aus einem Elfenreich an.
Zwerge, Trolle, und alles, was mit dem Norden assoziiert wird, könnte man aus nordischen Sprachen wie Norwegisch oder Schwedisch herleiten. Unser „Heiliger Wald“ hieße auf Norwegisch „Hellig Skog“ und auf Schwedisch fast gleich „Helig Skog“. Ein bisschen verändern und voilà.
Alte Namen, passend in der Sprache, die du für die Landstriche genommen hast, gehen auch ganz gut. Womöglich muss man sie gar nicht mehr verändern, weil sie sowieso niemand kennt und sie gut klingen.
Latein ist natürlich auch eine tolle Quelle. In Harry Potter zum Beispiel sind die Zaubersprüche ans Lateinische angelehnt. Blätter mal ein lateinisches Wörterbuch durch, es ist eine Fundgrube für lateinisch klingende Fantasy-Namen.
2. Aus Beschreibungen eine Kurzform nehmen
Man kann sich auch überlegen, was das Bezeichnendste ist für das Volk oder den Menschen, den ich benennen will. Zum Beispiel könnte dein Volk im Süden leben und sich hauptsächlich mit Schafen beschäftigen. Schafsmenschen aus dem Süden sozusagen. Schameden vielleicht?
Oder das Ganze auf Englisch: Sheep people from the south. Sheepeso? Oder lieber umgedreht Sopeshe?
Einfach die Silben kombinieren, möglicherweise kommt etwas Gutklingendes heraus.
3. Namen aus einem Atlas nehmen
Vielleicht hast du noch einen alten Atlas. Städtenamen, Namen von Landstrichen oder Inseln sind eine wahre Quelle der Inspiration. Da findet man meist schnell etwas. Vielleicht schießt dir noch eine kleine Veränderung ins Hirn und fertig. Oder man übernimmt die Namen einfach so.
Es ist auch möglich, gutklingende Silben von Städtenamen zu nehmen und zu kombinieren, so kommt etwas völlig Neues heraus. Dieses Prinzip funktioniert natürlich nicht nur mit Städtenamen, sondern auch mit allen anderen deutschen oder fremdsprachigen Wörtern, etwa Tiernamen.
4. Namensgenerator für Fantasy-Namen
Fällt dir gar nichts mehr ein, bleibt natürlich noch ein Namensgenerator. Diese drei Namensgeneratoren habe ich vor einiger Zeit ausprobiert.
Allerdings spucken solche Generatoren meist viele „Namen“ aus, die völlig unbrauchbar sind. Also wahllose Aneinanderreihung von Silben, unaussprechliche Kombinationen oder einfach auch Namen, die nicht schön klingen. Natürlich spricht nichts dagegen, diese „Namen“ nur als Inspiration zu sehen und sie noch entsprechend zu verändern.
Es ist halt so schön einfach, einer Maschine die (Denk-)Arbeit zu überlassen. Aber meistens verbringt man sehr viel Zeit damit (Stichwort Prokrastination), die anders eingesetzt sinnvoller wäre.
http://www.rinkworks.com/namegen/ : Dieser Namensgenerator (engl.) hat allerlei Einstellungen, wie kurze oder lange Namen, Namen mit Apostroph, Namen mit vielen Konsonanten etc.
http://www.fantasynamegenerators.com/ : Hier kannst du nicht nur Namen in allen möglichen Sprachen für deine Figuren finden, sondern auch für Städte, Landschaften, Schurkennamen, ja sogar Dinosaurier und Buchtitel und ähnliches. Nachteil: Letzteres funktioniert nur für englische Namen. Ach nein, gerade habe ich französische Namen für Edelsteine gefunden, die sehr edel klingen 🙂
https://dicelog.com/yafnag: Bei diesem kannst du die Anfangsbuchstaben wählen oder auch die Endung. Außerdem kannst du einstellen, wie viele Namen ausgespuckt werden sollen.
Fazit
Wenn man bemüht ist, die Fantasy-Welt glaubhaft zu gestalten, dann gehören auch die passenden Namen dazu. Wie du gesehen hast, ist es nicht so einfach, wie es sich auf den ersten Blick anhört, stimmige Fantasy-Namen zu erfinden.
Ich hoffe aber, dass du jetzt einige Methoden an der Hand hast, um die für deine Welt passenden Fantasy-Namen rasch zu finden.
Lutz Jahoda
Februar 20, 2022 at 5:45pmIch hatte einst im DDR-Fernsehen und Rundfunk, aber auch auf Schallplatte einen großen Publikumserfolg mit dem Phantasienamen Kickritzpotschen, schrieb den Text unter dem Pseudonym Hans Dampf,
Alo Koll schrieb die Musik, und ich nannte den Titel „Die Blasmusik von Kickritzpotschen“.
Steffi
Februar 21, 2022 at 9:01amIch habs gerade mal gegoogelt. Echt klasse. Vielleicht hat ja gerade der aufsehenerregende Titel deinen Erfolg vorangetrieben.
Alle diese Tipps sind ja nicht in Stein gemeißelt. Es sind eben Vorschläge, die die Richtung zeigen können, aber es gibt nun mal viele Wege zum Erfolg! LG