Es ist Dezember, und der NaNoWriMo 2020 ist Geschichte.
Ein bisschen traurig bin ich schon, denn es war schön, mal wieder wie im Wahnsinn zu schreiben und dem Schreiben absolute Priorität einzuräumen. Was ja im »normalen Leben« leider nicht dauerhaft funktioniert.
Mein fünfter NaNo – der NaNoWriMo 2020
Unglaublich, ich habe schon fünfmal mitgemacht. Eigentlich sogar sechsmal, aber das erste Mal habe ich mich nicht getraut, mich anzumelden. Ich war mir völlig unsicher, ob ich mit so einer hohen Wortzahl am Tag klarkomme und habe also »inoffizell« mitgemacht, ich Feigling! Natürlich wäre überhaupt nichts passiert, wenn man die Wortzahl nicht schafft.
Als ich dann gemerkt habe, dass es sehr wohl zu schaffen ist, gab es aber in den nächsten Jahren kein Halten mehr.
Nur 2019 musste ich aussetzen – und da hat mir wirklich etwas gefehlt.
Dafür haben sich für mich dieses Jahr einige Erkenntnisse herauskristallisiert, die ich gerne mit dir teilen möchte.
1. Dranbleiben
Wenn du wie ich wenig Zeit hast und dir jede freie Minute herausschinden musst, ist es umso wichtiger, dass kein Rückstand entsteht. Dann bricht nämlich Panik aus. Für 1000 Wörter brauche ich so ungefähr eine Stunde (je nachdem), und so eine Stunde zusätzlich zu der eigentlichen Schreibzeit – woher soll ich die nehmen? Da ist kaum Spielraum, daher habe ich darauf geachtet, niemals in Rückstand zu kommen.
Extratipp:
Dieses Jahr war der 1. November ein Sonntag. Ich habe mir die Zeit genommen und an diesem ersten Tag ca. 1400 Wörter zusätzlich geschrieben. Diesen Wörterbonus habe ich den gesamten NaNoWriMo 2020 vor mir hergeschleppt – und war dann tatsächlich einen Tag früher fertig. Das war natürlich nicht das Ziel, sondern die 1400 Wörter waren eine sehr beruhigende Versicherung, dass man einen Puffer für eventuelle schlechte Tage hatte!
Ich musste sie auch teilweise nutzen, weil ich mit den Kindern auf Arbeiten lernen musste etc., das hatte dann Priorität. Aber ich konnte diesen Bonus immer wieder auffüllen.
2. Vorher plotten
Das sage ich ja eigentlich immer. Vorher überlegen, wohin die Reise geht, damit man während des NaNos nicht unter Druck gerät. Das ist erlaubt, ja, auch beim NaNo! Tja, ich konnte mich selbst nicht an meinen Rat halten. Ich habe viel zu spät angefangen zu plotten und die Figuren waren auch nicht wirklich ausgereift.
Oh, ich hasse es.
Zweimal bin ich an den Punkt gekommen, wo ich nicht mehr weiter wusste. Dann musste ich mich hinsetzen und wertvolle Zeit, die ich eigentlich zum Schreiben gebraucht hätte, fürs Weiterplotten verwenden. Noch dazu merkt man dann meistens, was im bisher geschriebenen Text falsch gelaufen ist beziehungsweise was man dann später noch ändern muss, aufgrund des weitergeführten Plots. ARRGH.
Natürlich bin ich selbst schuld, die Nerven und den Ärger über mich selbst hätte ich mir ersparen können.
Tipp an mich selbst:
Da mir jetzt schon eine vage Idee für eine nächste Geschichte gekommen ist, kann ich diese ja schon mal plotten. Wie ich mich kenne, werde ich damit frühestens im nächsten NaNo 2021 fertig…
3. Sich selbst verzeihen
Tja, wenn man nicht ausreichend plottet, entwickeln sich auch die Figuren manchmal in eine ganz andere Richtung. Eigentlich war geplant, dass sich meine Protagonistin in den Antagonisten verlieben sollte. Dann gibt es auch noch ihren Begleiter, der eigentlich die Leser in die Irre führen sollte, indem er die Aufmerksamkeit auf sich lenken sollte – so nach dem Motto, wen liebt sie denn nun eigentlich und wer ist der Auserwählte? Aber dann war mir auf einmal der Begleiter so sympathisch, dass ich den Plot einfach ändern musste …
Natürlich habe ich mich geärgert, über all den Text, der nun bei der Überarbeitung geändert werden muss und die Zeit, die dabei draufgehen wird. Wie konnte so etwas passieren? Aber letztlich weiß ich, es ist meine Schuld und ich kann es nur nächstes Mal besser machen.
Während des NaNos bringt es gar nichts, sich zu ärgern. Hier zählt einfach nur weiterkommen.
Tipp:
Was mich etwas getröstet hat: Auch bei den Romanen, die ich viel ausführlicher geplottet hatte, entwickelten sich die Figuren während des Schreibens manchmal in unerwartete Richtungen (wenn auch nicht so stark). Im Prinzip lässt sich das fast nicht verhindern, denn schließlich kann man beim Plotten nicht alles im Voraus bedenken – z.B. Gespräche. Auch was eine Figur sagt, definiert schließlich ihren Charakter und lässt sie sich anders entwickeln als gedacht.
4. Das Erzähltempo ist schwer einzuschätzen
Das ist nun ein ganz anderes Thema, und es gilt selbstverständlich nicht nur für den NaNoWriMo 2020, sondern für jede Rohfassung, die man rasch herunterschreibt. Während des Schreibens kommt einem die Zeit, die die Figuren in einer Szene verbringen, unendlich lang vor (mir zumindest), doch wenn man die Szene noch einmal liest, kann das plötzlich ganz anders sein.
Umgekehrt neige ich beim NaNo dazu, sehr chronologisch und von Geschehnis zu Geschehnis vorwärtszuschreiben, sodass sich schnell Längen einschleichen, die beim nochmaligen Lesen womöglich viel zu langweilig sind. Da man aber während des NaNos kaum das Gekritzel von gestern noch einmal ausführlich durchliest, fällt einem das wahrscheinlich erst später auf.
Es kann sich also lohnen, sich vorher zu überlegen, wo man rasch drüber hinwegschreiben kann und welche Szenen ausführlich zu beschreiben sind.
Womit wir wieder beim Plotten wären …
5. Notizen am Rand erleichtern das Vorwärtskommen
Mittlerweile dürftest du gemerkt haben, dass ich mich sehr über meinen schlampigen Plot geärgert habe. Was mir aber geholfen hat, wenn ich schon wieder etwas abändern musste, war die Kommentarfunktion. Ich schreibe die Rohversion gerne mit Scrivener, aber so eine Kommentarfunktion gibt es ja in jedem Schreibprogramm.
Mein Rat:
Nutze sie ausführlich. Man denkt immer, ach, das kann ich doch gar nicht vergessen, das ist so wichtig, das hab ich bei der Überarbeitung garantiert noch im Kopf.
Nein. Meistens eben nicht. Mein Roman ist jetzt im Dezember noch nicht einmal fertig und ich werde mich noch die nächsten Wochen, wahrscheinlich eher Monate, mit der Rohfassung herumplagen müssen. Von daher weiß ich, dass ich gewisse Kleinigkeiten eben NICHT mehr weiß, wenn es sehr viel später an die Überarbeitung geht.
So ein Kommentar ist schnell geschrieben und du wirst dich später freuen, wie viel bunter deine Geschichte wird, wenn du an alle Kleinigkeiten denkst, die dir irgendwann mal eingefallen sind.
6. Schreiben mit anderen
Diesen NaNoWriMo 2020 hatte ich zum ersten Mal Schreibbuddys. Das ist so eine Sache, bei der ich total gemischte Gefühle habe. Es ist wohl auch ziemlich uncool und gegen den Strom, was ich jetzt schreibe, denn normalerweise, wie es auch auf Social Media so läuft, soll man sich ja vernetzen, Kontakte knüpfen und so weiter und alles ist ganz toll, wenn man nur viele Schreibfreunde hat.
Das stimmt auf der einen Seite.
Der Austausch mit ihnen, vor allem mit zweien, war toll und wirklich inspirierend.
Ich weiß von anderen, die ohne ihre Buddys gar nicht können. Die Motivation steigt nach so einem Chat in den Himmel, man fühlt sich regelrecht beflügelt. Es gibt auch tolle Aktionen wie Schreibmarathons und so weiter. Dieser Gruppendruck (positiv gemeint hier) führt dazu, dass man auch erhebliche Rückstände in der Gemeinschaft viel leichter aufholen kann als alleine.
Auf der anderen Seite ist es aber so, dass das ganze Chatten, Telefonieren und in entsprechenden Gruppen sich aufhalten eine Menge Zeit kostet. Zeit, die zumindest ich nicht im Übermaß habe. Ich habe vier Kinder, einen Halbtagsjob, Ehemann und Haushalt. Das kann ich irgendwie nicht zur Seite schieben, selbst im November nicht. Natürlich weiß ich, dass es vielen so geht und sie trotzdem alles unter einen Hut bekommen. Was mache ich nur falsch?
Daher scheine ich eher eine Einzelkämpferin zu sein. Mir kommt es zudem so vor, dass jeder im November vorrangig seine eigene Geschichte im Kopf hat. Das ist verständlich und mir geht es eben auch so. Meine Gedanken kreisen darum, von morgens bis abends und ich überlege mir in jeder freien Minute, wie es weitergehen könnte und was es eventuell für Alternativen gibt.
Daher ist es bei mir (leider) eine knallharte Kosten-Nutzen-Analyse: Wie viel Zeit verbringe ich im Austausch mit meinen Buddys, die mich motivieren und auch inspirieren können, und wie viel Zeit nehme ich mir, um meine Geschichte zu analysieren und zu schreiben?
Mich zum Schreiben zu motivieren, habe ich normalerweise keine großen Probleme. Bei mir ist eher die Zeit der limitierende Faktor. Daher bin ich wohl nicht so sehr der Buddy-Typ, obwohl ich jeden verstehen kann, der sich da intensiv in den Austausch begibt. Ich würde ja auch gerne, aber … siehe oben.