Infodump
Achtung auch bei Beschreibungen der Landschaft, des Aussehens einer Figur, der Vergangenheit (backstory) der Figur. Auch das kann manchmal zum Infodump ausarten.
Infodump ist quälend langweilig
Für die meisten jedenfalls. Schlecht am Infodump ist:
- Die Handlung fließt nicht mehr. Die Erzählung stockt und der Leser muss sich erst mit der Flut an Information auseinandersetzen, ehe die Geschichte weitergeht. Diese Hintergrundinformationen sind auch eine Art von „tell”, das den Leser aus der Handlung reißt. Ganz ehrlich, wer hat denn nicht schon einmal ein paar Seiten vorwärtsgeblättert, wenn endlose Passagen an Landschaftsbeschreibungen sich aneinanderreihen? Ich gebe zu, ich hab es schon gemacht bei Tolkien „Der Hobbit” und Thomas Mann „Die Buddenbrocks” . Da kann ich mich noch lebhaft dran erinnern. Obwohl ich dann „Die Budenbrocks” irgendwann als Hörbuch in die Finger kriegte und ab da hatte mich die Geschichte gepackt. Ich hab sie mindestens viermal gehört. Auch die, hm, beschreibenden Stellen.
- Kein Leser der Welt behält so viele Informationen auf einmal im Gedächtnis. Eher ist er verwirrt und genervt. Und wenn er nicht in die Geschichte reinkommt, wirft er das Buch in die Ecke.
- Wer Infodump einbaut, hat oft die Erzählperspektive nicht im Blick. Es mutet doch schon sehr seltsam an, wenn die Protagonistin lang und breit über ihre Vergangenheit oder über die Büroeinrichtung sinniert. Beides ist ihr vertraut. Warum also sollte sie darüber nachdenken? Dafür muss man sich schon anstrengen, einen guten Grund zu finden, warum sie das tun sollte.
Warum gerade der Anfang schwierig ist
Mit recht hoher Wahrscheinlichkeit findet man Infodump gerade am Anfang eines Romans. Man denkt natürlich, man müsste dem Leser die Protagonistin und ihr Vorleben möglichst vertraut machen, damit er versteht, warum sie so handelt und tickt. Und das stimmt natürlich auf der einen Seite, auf der anderen muss man erst einmal dafür sorgen, dass der Leser so schnell wie möglich beginnt, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren. Und das kriegt man nicht hin, indem man den Leser mit Infos regelrecht „zumüllt”. Bevor sich ein Leser für die Vergangenheit einer Figur oder für ihr Umfeld interessiert, muss er erst einmal Gefühle für sie entwickeln, also von ihrer aktuellen Gegenwart fasziniert sein.
Tipps zum Arbeiten ohne Infodump
- Die Vergangenheit eines Charakters hat im ersten Kapitel normalerweise nichts zu suchen. Wie gesagt, lass den Leser erst einmal die Gegenwart interessant finden. Für die Vergangenheit ist später noch Zeit.
- Bringe Informationen zur Vergangenheit deiner Protagonistin stückchenweise ein. Lieber nicht in ewig langen Absätzen. Hier und da ein Satz reicht meistens aus. Entweder über das ganze Buch verteilt oder du unterbrichst ausführliche Erklärungen durch spannende Handlungen und servierst deinem Leser den Infodump sozusagen häppchenweise.
Eine Anmerkung: Wenn du eine dir unbekannte Person kennenlernst, erzählst du ihr auch nicht sofort deine ganze Vorgeschichte. Menschen lernen sich langsam und allmählich kennen und so sollte es in einem Buch auch sein. - Ganz gut sind auch Dialoge hierfür geeignet. Aber Achtung, es gibt diese „wie du ja weißt”-Dialoge, die so schrecklich künstlich wirken, dass es einem die Zehnägel beim Lesen hochrollt. Wenn Person A die Information schon weiß, hat Person B keinen vernünftigen Grund, die Information nochmal herunterzurattern. Also solche Art Dialoge lieber bleibenlassen und sich eine elegantere Lösung ausdenken..
- Informationen aus Charakterbögen sind nicht dazu gedacht, dem Leser 1:1 mitgeteilt zu werden. Das sind Hintergründe zur Figur für den Autor, damit er sich ein rundes Bild von der Figur machen kann. Auch Recherche, z.B. für historische Romane, gehört nicht ungefiltert ins Buch hinein. Das Bild eines Eisberges ist hier passend: Nur die Spitze ist sichtbar, zwei Drittel sind verborgen und so sollte es in deinem Roman mit den Informationen auch sein.
Praktischer Tipp hier: Mach dir eine Liste mit (Charakter-)Informationen, die du über deinen Protagonisten unbedingt einbringen musst / möchtest. Entweder markierst du dir im Plotplan, an welcher Stelle du diese Eigenschaften loswerden willst oder du streust sie „freihändig” ein. - Baue zum Verständnis des Romans nur das Nötigste ein. Frage dich bei jeder Information, die du preisgibst, ob der Leser sie zum Verständnis auch wirklich benötigt. Hierzu brauchst du eine ganze Stange Mut und auch Vertrauen in deine Leser. Die meisten sind wirklich clever. Sage dir auch immer wieder, es erhöht das Lesevergnügen, wenn man ein bisschen rätseln darf. Wenn sich die Welt des Protagonisten unmerklich im Kopf des Lesers entwickelt, ohne dass er es bewusst merkt, dann hast du alles richtig gemacht. Zur Sicherheit kannst du ja deine Testleser fragen, ob sie etwas nicht verstanden haben und wo noch Erklärungsbedarf herrscht.
- Auch beim Thema Infodump gilt „show, don’t tell”. Man kann die Vergangenheit von Figuren durchaus auch zeigen. Nehmen wir eine Person, die sich jedesmal duckt, wenn jemand die Hand hochhebt. Was die Person wohl früher erlebt hat? Oder lass deine Figur die Landschaft erleben, statt sie zu beschreiben, etwa: „Ihre Stiefel versanken im Matsch” anstatt „Der Boden war matschig”.
- Bei Personenbeschreibungen gilt dasselbe. Baue deine Beschreibung in aktive Handlungen ein (z.B. statt zu schreiben, dass der Antagonist ein bulliger Typ à la brutaler Gangster ist, schreibe eine kurze Szene, wie er eine Katze vom Gehweg kickt. Schon hat er es sich gründlich mit den Lesern verdorben, denn die meisten lieben Tiere) und hab außerdem im Hinterkopf, dass es auch hier für den Leser nicht unbedingt von Vorteil ist, wenn die Figur bis ins kleinste Detail beschrieben wird. Das lässt kaum Raum für seine Fantasie. Information sollte immer, wenn irgend möglich, in aktive Handlung übersetzt werden. Also was tut die Figur, welche Entscheidung trifft sie?
- Musst du wirklich einmal eine wichtige Information an den Leser bringen, gibt es verschiedene Tricks.
Gerüche zum Beispiel lösen oft Erinnerungen aus, so könntest du einen Grund haben, die Protagonistin an ihre Vergangenheit denken zu lassen.
Generell ist es so, dass Menschen über Ereignisse oder Handlungen nachdenken. Wenn du das realistisch hinkriegst, ist so ein Gedankenstrom ein probates Mittel, wirklich wichtige Details an den Leser zu vermitteln. Es muss natürlich in die Szene passen. Achte darauf, dass du den Fluss der Handlung nicht störst. Ich meine damit, mitten in einer Actionszene wären Gedanken der Hauptfigur über den morgigen Besuch der Schwiegermutter wohl kaum angebracht.
Oder lass eine Person auftauchen, die die richtigen Fragen stellen kann. Wie gesagt, Dialoge sind ein gutes Mittel, Informationen zu vermitteln. Nur sollte diese Person in den Plot eingebunden sein. Also nicht irgendeinen Mensch auftauchen, die nötigen Fragen stellen und dann wieder verschwinden lassen. Das wirkt sehr plump. - Wenn die Vergangenheit deines Protagonisten sehr wichtig ist, dann könntest du überlegen, ob du nicht einfach früher in die Geschichte einsteigst. So vermeidest du unnötige Rückblenden und störende Erklärungen.
- Beachte auf jeden Fall die Erzählperspektive. Es muss realistisch und glaubwürdig sein, über was deine Hauptfigur in dem Moment nachdenkt. In diesem Artikel kannst du Genaueres über die Erzählperspektive nachlesen. So kommst du erst gar nicht in Versuchung, mit Infodump um dich zu werfen.