Teil 2: Das eigentliche Schreiben
Eigentlich sollte man meinen, dazu gibt es nicht viel zu sagen. Wenn du ordentlich geplottet hast, sollte der Text aus dir herausfließen wie Wasser aus einer Quelle.
Aber ich habe schon festgestellt, dass viele sich auch in dieser Phase des Buchschreibens enorm schwertun. Es hat eben viel mit Disziplin und Motivation zu tun, sich jeden Abend (oder wann auch immer) hinzusetzen und zu schreiben. Dazu gibt es auf diesem Blog schon ziemlich viel Ideen, z.B. hier, hier und hier.
Also, wie mache ich es?
Der Anfang
Ich erwähne hier die erste Szene, weil ich finde, dass sie recht entscheidend ist. Mit ihr tritt die Protagonistin zum ersten Mal auf, es ist recht spannend, sie zum ersten Mal zu erleben. Meist habe ich eine konkrete Szene schon vor Augen, bevor ich anfange zu schreiben. Wenn du ausführlich geplottet hast, hast du ja die erste Szene sicher mitgeplottet.
Das Auswählen der Anfangsszene finde ich oft recht schwer. Sie soll packend sein und den Leser dazu animieren, weiterzulesen. Es kommt im Moment noch nicht auf den perfekt formulierten ersten Satz an, dafür haben wir dann Zeit bei der Überarbeitung.
Aber der zentrale Konflikt sollte zumindest schon einmal angedeutet werden. Die Szene sollte möglichst nahe an der ersten Wendung liegen. Also bitte keine Szene, wie die Protagonistin aufsteht, sich anzieht, frühstückt … zumindest wäre es nicht so geschickt.
Wähle eine Szene, die möglichst temporeich ist. Es muss keine Actionszene sein, aber es sollte etwas passieren.
Dann überwinde dich, setz dich an den Computer und tippe das erste Wort. Ist die erste Szene erst einmal im Kasten, ist die größte Hürde überwunden und es fließt.
Übrigens keine Angst, wenn dir partout keine glorreiche Szene einfällt. Das Wichtigste ist jetzt, anzufangen. Viele schreiben tatsächlich die oben erwähnte Aufwach-Szene, um ihre Figur erst einmal zu beobachten. Dann wird sie wieder gestrichen.
Ich mag das nur nicht. Das ist mir zu viel Arbeit 😉 Bisher habe ich jede Anfangsszene so gelassen, wie ich sie in der Rohfassung entworfen habe (ich meine damit die Handlung, nicht den Stil).
Das regelmäßige Schreiben
Du hast deine erste Szene geschrieben, die erste Scheu ist überwunden. Jetzt ist es wichtig, am Ball zu bleiben und die Rohfassung möglichst schnell herunterzuschreiben.
Warum die Rohfassung möglichst schnell schreiben?
Dafür gibt es viele Gründe. Ich nenne mal die wichtigsten:
- Du behältst das große Ganze im Kopf – das spart Zeit
- Du schaltest (hoffentlich!) den inneren Kritiker aus – Fehler kannst du in der Überarbeitungsphase verbessern
- Du siehst täglich Fortschritte – das motiviert
- Du bist im Flow – du kannst deiner Schaffenskraft vollen Lauf lassen
Zum letzteren Punkt möchte ich noch ein paar Worte sagen. Es ist ja das Argument vieler Bauchschreiber, dass mit dem Plotten die Kreativität nachher beim Schreiben verlorengeht. Ich persönlich finde das nicht. Mir kommen gerade, wenn ich im Schreibflow bin, öfter unheimlich coole Ideen. Dialoge und Szenen schreiben sich wie von selbst, sie fließen heraus, als ob mein Unterbewusstsein sie schon irgendwie vorher durchgeplant hätte. Es ergeben sich interessante Wendungen, die sich in den Plot hineinfügen, als hätte ich sie vorher überlegt. Manchmal muss ich ihn dann etwas ändern, meist aber passt es wundersamerweise. Oft bin ich überrascht, wie einfach sich Plotlöcher und offene Enden schließen können, wenn man im Schreibrausch und somit mittendrin in der Geschichte ist.
Das Wichtigste:
Plane dir eine feste Schreibzeit ein, zu der dich niemand stört. Bei mir ist das abends. Die Kinder sind zwar noch nicht im Bett, so klein sind sie nicht mehr, aber sie lassen mich zu dieser Tageszeit in Ruhe. Zugegeben, es ist schwer, sich abends aufzuraffen, aber die Routine macht es möglich.
Mal wieder – der NaNoWriMo
Um den inneren Schweinehund (der dich aufs Sofa locken möchte) gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen, lege ich den Anfang der Schreibphase meist auf den NaNoWriMo. Was das ist, kannst du hier nachlesen.
Der NaNo ist ein wunderbares Instrument, um sich selbst zu disziplinieren und um vorwärts zu kommen. Ich kann gar nicht genug davon schwärmen und dir nur wärmstens empfehlen, es auszuprobieren. Nach dem NaNo hast du mindestens 50000 Wörter aufs Blatt gebracht – das ist schon eine enorme Leistung und mindestens der halbe Roman! In nur 30 Tagen!
Danach geht es meist lockerer weiter. Weihnachten steht vor der Tür, da habe ich oft eine Pause gemacht. Das ist auch okay, aber sei dir bewusst, dass du doch ganz schön rauskommst.
Besser ist es, mit einer geringeren Wortzahl weiterzuschreiben. So verlierst du den roten Faden nicht. Kleinvieh macht eben auch Mist.
Was ist, wenn der November in weiter Ferne ist?
Es kann ja auch sein, dass ein Schreibstart im November nicht hinhaut. Da ist es günstig, sich eine tägliche Wortzahl vorzunehmen und akribisch darauf zu achten, dass man sie einhält. Ja, wirklich. Auch wenn du 26 Termine in 24 Stunden hast. Denn wenn es sich erst einpendelt „ach nee, heute bin ich müde, morgen ist auch noch ein Tag“, dann hast du erfahrungsgemäß schon verloren. Dann zieht sich das Schreiben der Rohfassung ins Unendliche.
Wie hab ich es gemacht?
Bei meinem neuen Roman mit dem Arbeitstitel „Verflucht“ habe ich am 2. September angefangen zu schreiben. Mein täglich angedachtes Pensum waren lockere 500 Wörter. Und tatsächlich hatte ich pünktlich zu NaNo-Beginn am 1. November bereits 30000 Wörter aufzuweisen. Rechnung: 1 Monat à 30 Tage hat 30 x 500 = 15000 Wörter. Das Ganze mal 2 à voilà. Es hat geklappt!
Nach dem NaNo hatte ich also 80000 Wörter. Danach habe ich mit den lockeren 500 pro Tag weitergeschrieben und war Anfang März fertig, mit etwas über 120000 Wörtern.
Natürlich könnte man auch noch schneller schreiben. Ein halbes Jahr für die Rohfassung ist schon ziemlich lang. Andere Autoren würden vielleicht darüber lachen. Aber ich bin zufrieden. Ich habe dieses Mal keine Weihnachtspause gemacht und war in der Geschichte durchgängig drin. Wenn man Hobbyautorin ist, hat man nebenher noch andere Verpflichtungen. Es muss eben passen.
Schreibbuddy
Dieses Mal war etwas anders bei mir. Ich hatte einen Schreibbuddy!
Normalerweise bin ich so der Typ einsamer Steppenwolf, der in seinem Kämmerchen vor sich hinschreibt und alle anknurrt, die sich einmischen wollen. Mit einem Buddy zu schreiben, der womöglich zu langsam oder zu schnell ist, stellte ich mir enorm stressig vor. Nein, danke!
Aber da gab es diese eine nette Testleserin, die sich schon durch zwei meiner Romane gelesen hatte und die selbst an einer Geschichte schrieb. Sie kam nicht recht vorwärts … also fragte ich sie in einem Anflug von Überschwang, ob wir zusammen eine Schreibchallenge machen. 500 Wörter am Tag.
Und es hat geklappt! Wir tauschten Handynummern aus und jeden Tag gab es einen Screenshot von unserem Fortschritt. Der Wettbewerb, der so entstand, hat uns beide beflügelt. Es war eine supertolle Win-win-Situation und hat das normalerweise einsame Schreiben zu einem riesigen Spaß gemacht.
Ich kann es somit nur empfehlen …
Allerdings … mit Einschränkung
Es muss menschlich und handwerklich passen. Mit jemand anderem als ihr würde ich mich glaube ich nervlich aufreiben. Wenn der Buddy zu faul ist und sich trotz liebevollem Anschubsen nicht aufrafft, geht nämlich die Motivation ganz leicht flöten.
So jemanden Passenden zu finden, ist nicht sehr einfach. Bei mir hat es nun etliche Jahre gedauert, bis ich mich dazu aufraffen konnte … aber das mag auch an mir liegen. Probiere es einfach aus, wenn du jemanden kennst und glaubst, es könnte passen.
Wenn es nämlich klappt, hast du ein ganz, ganz tolles Instrument zur Selbstmotivation gefunden.
Schnell schreiben
Last, but not least muss ich beim Thema Rohfassung schreiben noch mahnend den Zeigefinger erheben.
Was soll das heißen, du kannst immer noch nicht mit zehn Fingern tippen? Wie willst du denn bitteschön deine Rohfassung in einem annehmbaren Tempo herunterschreiben?
Also bitte, setz dich hin und mache rasch einen Tippkurs. Hier, zum Beispiel. Dieser Roman wird sicher nicht dein letzter bleiben und deshalb lohnt sich die Mühe auf jeden Fall. Wenn du dranbleibst, beherrschst du schon nach einigen Tagen alle Tasten und kannst das Gelernte an deiner Geschichte anwenden. Das macht Spaß!
Und mach dir keine Sorgen, wenn es anfangs noch nicht ganz so schnell geht: Nach 80000 – 100000 Wörtern beherrschst du das 10-Finger-System mit Sicherheit blind!
Fazit
Das Schreiben an sich ist nicht so schwer, schlimmer ist es, die Disziplin aufrechtzuerhalten. Daher lohnt es sich, die Rohfassung rasch herunterzuschreiben.
Daher: Höre nun auf, im Internet zu surfen und ab mit dir an den Schreibtisch.